Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Sonderumlage korrekt verteilt? Hamburger Gericht entscheidet über Verteilungsschlüssel in WEG
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was ist eine Sonderumlage und wann wird sie in einer Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben?
- Wie wird der Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn sie den Verteilungsschlüssel für fehlerhaft halten?
- Welche Kriterien muss ein Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen erfüllen, um gesetzeskonform zu sein?
- Welche Konsequenzen hat ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel für die Wohnungseigentümergemeinschaft?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Es geht um die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg zu einem Streit über einen fehlerhaften Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen.
- Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft und besitzt ein Teileigentum, das für Läden genutzt wird.
- Der Verteilungsschlüssel der Sonderumlagen führte zu ungerechten finanziellen Belastungen für die Klägerin.
- Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen muss.
- Die Entscheidung basiert darauf, dass die Beklagte im Streitfall wahrscheinlich unterlegen wäre.
- Der fehlerhafte Verteilungsschlüssel war der Hauptgrund für die Entscheidung des Gerichts.
- Dieses Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit, Verteilungsschlüssel genau zu überprüfen.
- Für Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie bei Unstimmigkeiten rechtliche Schritte in Erwägung ziehen sollten.
- Die Entscheidung beeinflusst zukünftige Fälle, in denen die Verteilung von Sonderumlagen strittig ist.
- Eigentümer sollten sich über ihre Rechte und mögliche rechtliche Schritte informieren, um unfaire Kostenverteilungen zu vermeiden.
Sonderumlage korrekt verteilt? Hamburger Gericht entscheidet über Verteilungsschlüssel in WEG
Die Wohnungseigentumsordnung (WEG) regelt die Rechte und Pflichten der einzelnen Eigentümer innerhalb eines Mehrfamilienhauses. Dabei spielt die Verteilung von Kosten, beispielsweise für Reparaturen oder Sanierungen, eine zentrale Rolle. Einer der wichtigsten Punkte ist der Verteilungsschlüssel, der festlegt, wie diese Kosten auf die einzelnen Wohnungen aufgeteilt werden. So können die Kosten für die Heizung beispielsweise nach Wohnfläche, Anzahl der Bewohner oder nach dem individuellen Verbrauch verteilt werden.
Für Sonderumlagen, die für außergewöhnliche Ausgaben im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Anlage genutzt werden, gelten besondere Regeln. Hierbei steht die Frage im Fokus, ob der verwendete Verteilungsschlüssel mit dem gesetzlichen Recht vereinbar ist. Ist der Schlüssel fehlerhaft, kann dies zu erheblichen finanziellen Belastungen für einzelne Eigentümer führen. In diesen Fällen kann es notwendig sein, die rechtliche Grundlage für die Berechnung der Sonderumlage zu überprüfen und ggf. gerichtliche Klärung zu fordern.
Im Folgenden soll ein Fall beleuchtet werden, der in diesem Kontext besonders interessant ist.
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Der Fall vor Gericht
Fehlerhafter Verteilungsschlüssel für Sonderumlage in Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft und Teileigentümerin eines eingeschossigen Ladengebäudes auf dem vorderen Teil eines Grundstücks. Auf dem hinteren Grundstücksteil befinden sich 42 weitere Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, verteilt auf fünf Gebäude. Der Fall dreht sich um einen Streit über die korrekte Verteilung einer Sonderumlage innerhalb der Eigentümergemeinschaft.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte eine Sonderumlage in Höhe von 485.100 Euro beschlossen. Diese sollte nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel verteilt werden, der in der Teilungserklärung festgelegt war. Dieser Schlüssel sah vor, dass die Kosten zu 63,85% von den Wohneinheiten und zu 36,15% von den gewerblichen Einheiten getragen werden sollten.
Die Klägerin sah diesen Verteilungsschlüssel als fehlerhaft an und klagte gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie argumentierte, dass die Sonderumlage nach einem anderen, für sie günstigeren Schlüssel hätte verteilt werden müssen.
Rechtliche Problematik des Kostenverteilungsschlüssels
Der Kern des rechtlichen Problems liegt in der Frage, ob der in der Teilungserklärung festgelegte allgemeine Kostenverteilungsschlüssel auch für diese spezielle Sonderumlage anwendbar ist. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass für die Sonderumlage ein anderer Verteilungsschlüssel hätte verwendet werden müssen, der ihre finanzielle Belastung reduziert hätte.
Die rechtliche Herausforderung bestand darin zu klären, ob die Anwendung des allgemeinen Schlüssels in diesem Fall gegen geltendes Recht verstößt. Dabei musste das Gericht prüfen, ob die Verteilung nach dem allgemeinen Schlüssel zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin führt und ob es gesetzliche Gründe gibt, die eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen würden.
Gerichtliche Entscheidung zugunsten der Klägerin
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat in seinem Beschluss vom 06.05.2024 entschieden, dass die Beklagte, also die Wohnungseigentümergemeinschaft, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht die Position der Klägerin als rechtmäßig anerkannt hat.
Die Begründung des Gerichts lässt erkennen, dass die Klägerin bei einer Fortsetzung des streitigen Verfahrens mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegt hätte. Das Gericht sah offenbar erhebliche rechtliche Mängel in der Anwendung des allgemeinen Kostenverteilungsschlüssels für diese spezielle Sonderumlage.
Bedeutung für Wohnungseigentümer und Eigentümergemeinschaften
Diese Gerichtsentscheidung hat weitreichende Auswirkungen für Wohnungseigentümer und Eigentümergemeinschaften. Sie verdeutlicht, dass der in einer Teilungserklärung festgelegte allgemeine Kostenverteilungsschlüssel nicht zwangsläufig für alle Arten von Umlagen oder Sonderumlagen anwendbar ist.
Wohnungseigentümer sollten bei Beschlüssen über Sonderumlagen kritisch hinterfragen, ob der verwendete Verteilungsschlüssel angemessen und rechtmäßig ist. Eigentümergemeinschaften müssen bei der Festlegung von Kostenverteilungen sorgfältig prüfen, ob besondere Umstände eine abweichende Verteilung rechtfertigen.
Der Fall zeigt, dass eine genaue Prüfung der rechtlichen Grundlagen und der spezifischen Umstände jeder Umlage notwendig ist. Wohnungseigentümer haben das Recht, eine faire und gesetzeskonforme Kostenverteilung einzufordern und können sich bei Zweifeln an die Gerichte wenden.
Für Eigentümergemeinschaften ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Beschlüsse über Sonderumlagen besonders sorgfältig vorzubereiten und zu begründen. Sie sollten dabei nicht nur den in der Teilungserklärung festgelegten Schlüssel berücksichtigen, sondern auch prüfen, ob dieser im konkreten Fall zu einer angemessenen und rechtmäßigen Verteilung führt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der in der Teilungserklärung festgelegte allgemeine Kostenverteilungsschlüssel nicht automatisch für Sonderumlagen gilt. Wohnungseigentümergemeinschaften müssen bei jeder Umlage prüfen, ob der Verteilungsschlüssel angemessen und rechtmäßig ist. Besondere Umstände können eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen. Eigentümer haben das Recht, eine faire Verteilung einzufordern und gerichtlich überprüfen zu lassen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil stärkt Ihre Rechte als Wohnungseigentümer bei der Verteilung von Sonderumlagen. Es zeigt, dass der in der Teilungserklärung festgelegte Verteilungsschlüssel nicht in Stein gemeißelt ist und bei Sonderumlagen möglicherweise nicht immer der angemessene Maßstab ist. Wenn Sie sich ungerecht behandelt fühlen oder Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angewandten Schlüssels haben, sollten Sie diese Bedenken äußern und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen. Es ist wichtig zu wissen, dass Sie das Recht haben, eine faire und transparente Kostenverteilung einzufordern. Dieses Urteil unterstreicht, dass Gerichte bereit sind, die Interessen von Wohnungseigentümern zu schützen, wenn diese in Bezug auf Sonderumlagen benachteiligt werden.
FAQ – Häufige Fragen
Sie wollen wissen, wie Sonderumlagen in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft gerecht verteilt werden? Welche Regeln gelten bei der Festlegung des Verteilungsschlüssels? Und was können Sie tun, wenn Sie mit dem Ergebnis der Umlage nicht einverstanden sind? Hier finden Sie Antworten auf Ihre Fragen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was ist eine Sonderumlage und wann wird sie in einer Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben?
- Wie wird der Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn sie den Verteilungsschlüssel für fehlerhaft halten?
- Welche Kriterien muss ein Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen erfüllen, um gesetzeskonform zu sein?
- Welche Konsequenzen hat ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel für die Wohnungseigentümergemeinschaft?
Was ist eine Sonderumlage und wann wird sie in einer Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben?
Eine Sonderumlage ist eine außerordentliche finanzielle Abgabe, die von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft zusätzlich zu den regulären Hausgeldzahlungen geleistet werden muss. Sie dient der Deckung unvorhergesehener oder außergewöhnlich hoher Kosten, die nicht aus den laufenden Einnahmen oder den vorhandenen Rücklagen der Gemeinschaft bestritten werden können.
Die Erhebung einer Sonderumlage erfolgt typischerweise in Situationen, in denen dringende Reparaturen oder Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum erforderlich sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Dach des Gebäudes undicht wird und umgehend repariert werden muss, oder wenn eine veraltete Heizungsanlage durch eine moderne, energieeffiziente Lösung ersetzt werden soll. Auch größere Modernisierungsvorhaben, wie etwa die nachträgliche Installation eines Aufzugs, können Anlass für eine Sonderumlage sein.
Der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage wird in der Regel auf einer Eigentümerversammlung gefasst. Hierfür ist grundsätzlich eine einfache Mehrheit der anwesenden Stimmen ausreichend, sofern die Gemeinschaftsordnung keine abweichende Regelung vorsieht. Der Beschluss muss den Grund für die Sonderumlage, deren Höhe sowie den Fälligkeitstermin und den Verteilungsschlüssel enthalten.
Die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Eigentümer erfolgt üblicherweise nach dem in der Teilungserklärung festgelegten Schlüssel. Häufig orientiert sich dieser an den Miteigentumsanteilen der Wohnungseigentümer. Es ist jedoch auch möglich, dass die Eigentümergemeinschaft für bestimmte Maßnahmen einen abweichenden Verteilungsschlüssel beschließt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn nicht alle Eigentümer gleichermaßen von der finanzierten Maßnahme profitieren.
Die Höhe einer Sonderumlage ist gesetzlich nicht begrenzt. Sie sollte jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich anfallenden Kosten stehen und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eigentümer berücksichtigen. In der Praxis werden größere Beträge oft in Raten fällig gestellt, um die finanzielle Belastung für die Eigentümer zu verteilen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Zahlung einer rechtmäßig beschlossenen Sonderumlage für alle Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtend ist. Wer zum Zeitpunkt der Fälligkeit als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, muss die Sonderumlage entrichten – auch wenn er beim Beschluss noch nicht Eigentümer war oder gegen die Maßnahme gestimmt hat.
Wie wird der Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt?
Der Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird grundsätzlich durch die Gemeinschaftsordnung oder die Teilungserklärung festgelegt. Diese Dokumente bilden die rechtliche Grundlage für die Kostenverteilung innerhalb der Eigentümergemeinschaft. Häufig orientiert sich der Verteilungsschlüssel an den Miteigentumsanteilen der einzelnen Wohnungseigentümer. Dies bedeutet, dass ein Eigentümer mit einem größeren Anteil am Gemeinschaftseigentum auch einen höheren Beitrag zur Sonderumlage leisten muss.
In Fällen, in denen die Gemeinschaftsordnung keine spezifischen Regelungen zur Verteilung von Sonderumlagen enthält, greift der gesetzliche Verteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Dieser sieht eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen vor. Die Miteigentumsanteile sind im Grundbuch eingetragen und spiegeln in der Regel die Größe und den Wert der jeweiligen Wohneinheit wider.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat jedoch die Möglichkeit, von diesem Standardschlüssel abzuweichen. Eine Änderung des Verteilungsschlüssels erfordert einen Beschluss der Eigentümerversammlung. Für einen solchen Beschluss ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Konkret müssen mehr als drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer zustimmen, die zugleich mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentieren.
Bei der Festlegung eines abweichenden Verteilungsschlüssels müssen die Eigentümer den Grundsatz der Angemessenheit beachten. Der gewählte Schlüssel muss sachgerecht und nachvollziehbar sein. Er darf einzelne Eigentümer nicht willkürlich benachteiligen oder bevorzugen. Ein Beispiel für einen alternativen Verteilungsschlüssel wäre die Verteilung nach Wohnfläche, wenn dies für die konkrete Maßnahme sinnvoller erscheint als die Verteilung nach Miteigentumsanteilen.
In bestimmten Fällen kann es angemessen sein, den Verteilungsschlüssel an den konkreten Nutzen der Maßnahme für die einzelnen Eigentümer anzupassen. Wenn eine Sonderumlage beispielsweise der Sanierung von Balkonen dient, könnte ein Schlüssel gewählt werden, der Eigentümer ohne Balkon weniger oder gar nicht belastet.
Die Wohnungseigentümer sollten bei der Festlegung des Verteilungsschlüssels für Sonderumlagen stets die Besonderheiten des konkreten Falls berücksichtigen. Eine sorgfältige Abwägung zwischen Gleichbehandlung und individueller Gerechtigkeit ist entscheidend. Dies kann dazu beitragen, spätere Streitigkeiten und mögliche Anfechtungsklagen zu vermeiden.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein fehlerhaft festgelegter Verteilungsschlüssel zur Anfechtbarkeit des Beschlusses über die Sonderumlage führen kann. Dies zeigt sich im Fall des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg (Az.: 980b C 23/23 WEG vom 06.05.2024). Das Gericht stellte klar, dass ein Beschluss über eine Sonderumlage mit fehlerhaftem Verteilungsschlüssel anfechtbar ist, auch wenn die endgültige Kostenverteilung dadurch noch nicht verbindlich festgelegt wird.
Bei der Bestimmung des Verteilungsschlüssels für Sonderumlagen sollten die Wohnungseigentümer stets professionellen Rat einholen, um rechtssichere und faire Lösungen zu finden. Eine transparente Kommunikation und gründliche Dokumentation der Entscheidungsprozesse können dazu beitragen, das Vertrauen innerhalb der Eigentümergemeinschaft zu stärken und potenzielle Konflikte zu minimieren.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn sie den Verteilungsschlüssel für fehlerhaft halten?
Wohnungseigentümer, die den Verteilungsschlüssel für fehlerhaft halten, haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, um dagegen vorzugehen. Der erste Schritt besteht darin, den vermeintlichen Fehler in der Eigentümerversammlung anzusprechen und eine Änderung des Verteilungsschlüssels zu beantragen. Hierfür ist in der Regel ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft erforderlich.
Wird der Antrag abgelehnt, können betroffene Eigentümer den Beschluss innerhalb eines Monats nach der Versammlung gerichtlich anfechten. Dies geschieht durch Erhebung einer Anfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht. Die Klagefrist beginnt mit der Beschlussfassung, sofern der Eigentümer anwesend war, oder mit Zugang des Versammlungsprotokolls bei Abwesenheit.
Eine weitere Option besteht darin, einen Antrag auf Änderung der Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 WEG zu stellen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der fehlerhafte Verteilungsschlüssel in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung festgelegt ist. Für eine solche Änderung ist grundsätzlich die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung enthält eine sogenannte Öffnungsklausel, die Änderungen durch Mehrheitsbeschluss erlaubt.
In besonders gravierenden Fällen, etwa wenn der Verteilungsschlüssel zu einer erheblichen Benachteiligung einzelner Eigentümer führt, kann auch eine Feststellungsklage in Betracht kommen. Hierbei wird gerichtlich überprüft, ob der Verteilungsschlüssel nichtig ist. Eine Nichtigkeit liegt vor, wenn der Schlüssel gegen zwingende gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstößt.
Wohnungseigentümer sollten beachten, dass Gerichte bei der Überprüfung von Verteilungsschlüsseln einen gewissen Ermessensspielraum der Eigentümergemeinschaft respektieren. Eine Änderung wird nur dann angeordnet, wenn der bestehende Schlüssel offensichtlich unbillig oder willkürlich ist. Ein Beispiel wäre, wenn die Kosten für die Dachsanierung eines Mehrfamilienhauses auch auf Eigentümer von Erdgeschosswohnungen umgelegt würden, obwohl diese keinen Nutzen davon haben.
Bei der Wahl des rechtlichen Vorgehens ist zu berücksichtigen, dass Gerichtsverfahren mit Kosten und Risiken verbunden sind. Es empfiehlt sich daher, zunächst das Gespräch mit den anderen Eigentümern und dem Verwalter zu suchen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Hierbei kann auch die Einschaltung eines Mediators hilfreich sein, um Konflikte zu entschärfen und eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu erarbeiten.
Wohnungseigentümer sollten sich bewusst sein, dass die Änderung eines Verteilungsschlüssels weitreichende Folgen für die gesamte Eigentümergemeinschaft haben kann. Es ist daher ratsam, vor der Einleitung rechtlicher Schritte eine fundierte juristische Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein spezialisierter Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht kann die Erfolgsaussichten eines Vorgehens einschätzen und die beste Strategie empfehlen.
Welche Kriterien muss ein Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen erfüllen, um gesetzeskonform zu sein?
Ein gesetzeskonformer Verteilungsschlüssel für Sonderumlagen in Wohnungseigentümergemeinschaften muss mehrere Kriterien erfüllen. Grundsätzlich gilt der in der Gemeinschaftsordnung oder Teilungserklärung festgelegte Verteilungsschlüssel. Fehlt eine solche Regelung, greift der gesetzliche Verteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen gemäß § 16 Abs. 2 WEG.
Der Verteilungsschlüssel muss eindeutig und nachvollziehbar sein. Die Eigentümer müssen anhand des Beschlusses ihre individuelle Zahlungsverpflichtung berechnen können. Ein Beschluss ohne konkreten Verteilungsschlüssel oder mit unklaren Formulierungen ist anfechtbar.
Abweichungen vom vereinbarten oder gesetzlichen Verteilungsschlüssel sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Für bauliche Veränderungen, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen kann die Eigentümerversammlung mit qualifizierter Mehrheit einen abweichenden Schlüssel beschließen. Dafür müssen mindestens drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer zustimmen, die zugleich mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
Ein abweichender Verteilungsschlüssel muss dem Gebrauchsvorteil oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die einzelnen Eigentümer Rechnung tragen. Er darf einzelne Eigentümer nicht unangemessen benachteiligen. Eine erhebliche Mehrbelastung einzelner Eigentümer ohne entsprechenden Nutzen widerspricht der ordnungsgemäßen Verwaltung.
Der Beschluss über einen abweichenden Verteilungsschlüssel muss hinreichend konkret formuliert sein. Es muss klar erkennbar sein, dass die Eigentümer bewusst von der bisherigen Kostenverteilung abweichen wollen. Pauschale oder unbestimmte Formulierungen genügen nicht.
Bei der Festlegung des Verteilungsschlüssels ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen von Eigentümern sind unzulässig. Differenzierungen müssen auf objektiven Kriterien beruhen und verhältnismäßig sein.
Der Verteilungsschlüssel darf nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen. Beispielsweise wäre eine vollständige Freistellung einzelner Eigentümer von den Kosten einer Sonderumlage in der Regel rechtswidrig.
Die Wohnungseigentümer müssen bei der Beschlussfassung über den Verteilungsschlüssel ihr Ermessen pflichtgemäß ausüben. Sie müssen alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und eine angemessene Interessenabwägung vornehmen. Ein Ermessensfehlgebrauch kann zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen.
Welche Konsequenzen hat ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel für die Wohnungseigentümergemeinschaft?
Ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Die finanzielle Belastung der einzelnen Eigentümer wird dadurch ungerecht verteilt, was zu Unstimmigkeiten und rechtlichen Auseinandersetzungen führen kann. Beschlüsse, die auf einem fehlerhaften Verteilungsschlüssel basieren, sind anfechtbar. Dies gilt insbesondere für Beschlüsse über Sonderumlagen oder Jahresabrechnungen.
Die betroffenen Eigentümer haben das Recht, solche Beschlüsse innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung gerichtlich anzufechten. Wird der Beschluss erfolgreich angefochten, muss die WEG eine neue Beschlussfassung mit dem korrekten Verteilungsschlüssel durchführen. Dies kann erheblichen administrativen Aufwand und zusätzliche Kosten verursachen.
Bleibt der fehlerhafte Verteilungsschlüssel über einen längeren Zeitraum unentdeckt, können sich die finanziellen Auswirkungen für die Eigentümer summieren. Einige Eigentümer zahlen möglicherweise über Jahre hinweg zu viel, während andere zu wenig beitragen. Die Korrektur solcher langfristigen Fehlverteilungen kann äußerst komplex sein und zu erheblichen Nachzahlungen oder Erstattungen führen.
Die WEG muss bei Entdeckung des Fehlers umgehend handeln. Der Verwalter ist verpflichtet, die Eigentümer über den fehlerhaften Verteilungsschlüssel zu informieren und eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Dort muss ein Beschluss zur Korrektur des Verteilungsschlüssels gefasst werden. Dieser Beschluss kann auch rückwirkend gelten, sofern dies rechtlich zulässig und von den Eigentümern gewünscht ist.
Die Korrektur eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels kann zu Unstimmigkeiten zwischen den Eigentümern führen. Eigentümer, die bisher von dem Fehler profitiert haben, müssen mit Nachzahlungen rechnen. Dies kann finanzielle Schwierigkeiten verursachen und das Gemeinschaftsgefühl in der WEG belasten.
In extremen Fällen kann ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel sogar zu einer Haftung des Verwalters führen. Wenn der Verwalter den Fehler hätte erkennen und korrigieren müssen, können die geschädigten Eigentümer möglicherweise Schadensersatzansprüche geltend machen.
Um solche Probleme zu vermeiden, ist es ratsam, den Verteilungsschlüssel regelmäßig zu überprüfen. Dies kann im Rahmen der jährlichen Prüfung der Jahresabrechnung durch den Verwaltungsbeirat geschehen. Auch externe Experten wie Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer können hinzugezogen werden, um die Korrektheit des Verteilungsschlüssels zu verifizieren.
Bei der Korrektur eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels muss die WEG sorgfältig vorgehen. Es ist wichtig, alle Eigentümer transparent über den Fehler und die notwendigen Korrekturen zu informieren. Die rechtlichen Grundlagen für die Änderung müssen klar dargelegt werden. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht hinzuzuziehen, um rechtssichere Beschlüsse zu fassen.
Die finanziellen Auswirkungen der Korrektur sollten genau berechnet und den Eigentümern erläutert werden. Für Eigentümer, die mit hohen Nachzahlungen konfrontiert sind, können Ratenzahlungsvereinbarungen in Betracht gezogen werden, um finanzielle Härten abzumildern.
Ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel kann auch Auswirkungen auf laufende oder geplante Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen haben. Die Finanzierung solcher Projekte basiert oft auf dem Verteilungsschlüssel. Bei einer notwendigen Korrektur müssen möglicherweise auch diese Planungen angepasst werden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Sonderumlage: Eine außerordentliche finanzielle Erhebung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Deckung unvorhergesehener oder besonders hoher Kosten. Sie wird zusätzlich zu den regulären Hausgeldzahlungen beschlossen, etwa für dringende Reparaturen oder Sanierungen. Sonderumlagen müssen durch einen Eigentümerbeschluss legitimiert werden. Die Höhe richtet sich nach dem Kostenumfang und wird gemäß dem geltenden Verteilungsschlüssel auf die Eigentümer umgelegt. Rechtlich basiert sie auf § 28 Abs. 1 und 2 WEG.
- Teilungserklärung: Die notarielle Urkunde, die die rechtliche Grundlage einer Wohnungseigentümergemeinschaft bildet. Sie legt die Aufteilung des Gebäudes in einzelne Wohnungseigentumseinheiten fest und definiert Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Zudem enthält sie oft den Kostenverteilungsschlüssel und die Stimmrechtsverteilung. Die Teilungserklärung hat quasi-gesetzlichen Charakter für die Gemeinschaft. Ihre Änderung erfordert in der Regel die Zustimmung aller Eigentümer. Sie ist im § 8 WEG geregelt.
- Kostenverteilungsschlüssel: Eine festgelegte Formel zur Aufteilung gemeinschaftlicher Kosten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Er bestimmt den Anteil, den jeder Eigentümer zu tragen hat, meist basierend auf Miteigentumsanteilen, Wohnfläche oder Nutzungsart. Der Schlüssel ist in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung festgelegt. Er muss fair und nachvollziehbar sein. Bei Ungerechtigkeiten kann eine Anpassung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gefordert werden.
- Beschlussanfechtung: Das rechtliche Verfahren, mit dem Wohnungseigentümer gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vorgehen können. Sie dient der Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsbeschlüssen. Die Anfechtung muss innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Gründe können Gesetzes- oder Satzungsverstöße sein. Das Verfahren ist in § 44 WEG geregelt und kann zur Aufhebung oder Nichtigerklärung des Beschlusses führen.
- Billigkeitskontrolle: Eine rechtliche Überprüfung, ob eine Regelung oder Entscheidung im Wohnungseigentumsrecht angemessen und fair ist. Sie basiert auf § 242 BGB (Treu und Glauben) und § 21 Abs. 8 WEG. Gerichte wenden sie an, um zu beurteilen, ob Beschlüsse oder Vereinbarungen einzelne Eigentümer unangemessen benachteiligen. Bei der Billigkeitskontrolle werden alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Sie kann zur Anpassung oder Unwirksamkeit von Regelungen führen.
- Miteigentumsanteil: Der rechnerische Anteil, den ein Wohnungseigentümer am Gemeinschaftseigentum hält. Er wird in der Teilungserklärung festgelegt und meist in Tausendstel ausgedrückt. Der Miteigentumsanteil bestimmt oft den Kostenanteil und das Stimmgewicht eines Eigentümers. Er basiert üblicherweise auf der Wohnfläche, kann aber auch anders festgelegt werden. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 16 Abs. 1 WEG. Bei Ungerechtigkeiten kann eine Anpassung gerichtlich eingefordert werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 16 Abs. 2 WEG: Regelt die Verteilung von Kosten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft und besagt, dass diese grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen sind. Im konkreten Fall wurde die Sonderumlage nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel verteilt, was von der Klägerin angefochten wurde.
- § 28 Abs. 1 WEG: Ermächtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft, durch Beschluss Sonderumlagen zu erheben, um die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu decken. Im konkreten Fall wurde eine Sonderumlage beschlossen, deren Verteilungsschlüssel strittig war.
- § 10 Abs. 2 WEG: Besagt, dass eine Vereinbarung oder Teilungserklärung, die gegen wesentliche Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts verstößt, nichtig ist. Im konkreten Fall könnte der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel gegen diese Grundsätze verstoßen haben, indem er die Klägerin unangemessen benachteiligt hat.
- § 21 Abs. 3 und 4 WEG: Ermöglicht es, von der Verteilung nach Miteigentumsanteilen abzuweichen, wenn dies durch Vereinbarung oder Teilungserklärung vorgesehen ist oder wenn ein anderer Maßstab „der Billigkeit entspricht“. Im konkreten Fall wurde die Billigkeit des allgemeinen Kostenverteilungsschlüssels für die Sonderumlage in Frage gestellt.
- § 43 Nr. 4 WEG: Regelt das gerichtliche Verfahren zur Beschlussanfechtung. Im konkreten Fall hat die Klägerin erfolgreich gegen den Beschluss zur Sonderumlage geklagt.
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 23/23 WEG – Beschluss vom 06.05.2024
In dem Rechtsstreit beschließt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 980b – durch den Richter am Amtsgericht ### am 06.05.2024:
1. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
2. Der Streitwert wird festgesetzt auf 485.100,00 Euro.
Gründe:
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt und wechselseitig Kostenantrag gestellt haben, hat das Gericht nach Maßgabe von § 91a Abs. 1 ZPO noch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kostentragung zu entscheiden. Dies führt dazu, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Sie wäre bei streitigem Verfahrensfortgang mit hoher Wahrscheinlichkeit unterlegen gewesen.
1. Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten und Teileigentümerin des auf dem vorderen Grundstücksteil gelegenen, eingeschossigen Gebäudes, das für Läden genutzt wird (lfd. Nr. 43 gemäß der notariellen Teilungserklärung [TE] von 1984, Anlage K1). Auf dem hinteren Teil des Grundstücks befinden sich 42 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, verteilt auf fünf Gebäude.
[…]
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Der Einheit bzw. Ladenzeile der Klägerin sind 139.878./1.000.000stel Miteigentumsanteile zugeordnet (Anteil ca. 13,98%). Die Einheit Nr. 43 verfügt über eine Fläche von 189 m², die Gesamtfläche aller Einheiten beläuft sich ausweislich der Angaben aus der TE auf 3.211,54 m² (Anteil ca. 5,88%).
In § 4 TE ist vorgesehen, dass „(…) dem Eigentümer der Einheit 43 (…) unbefristet, unwiderruflich der Abbruch und die Neuerstellung mit weiterer Unterteilung der Einheit im Rahmen des Bebauungsplans gestattet [ist].“ Dazu ist es bislang nicht gekommen. Nach § 13 Abs. 1 b) TE ist jeder Eigentümer verpflichtet, Beträge zur Deckung der „Bewirtschaftungskosten“ bzw. der „Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung, soweit diese gemäß § 7 der Teilungserklärung den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich obliegen, einschließlich eines Betrages für die Bildung einer angemessenen Instandsetzungsrücklage“ zu leisten. In § 13 Abs. 2 TE heißt es weiter: „Der auf den Wohnungseigentümer entfallende Anteil an den vorbezeichneten Kosten wird auf der Grundlage der qm-Wohn-/Nutzfläche der einzelnen Einheit im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche ermittelt, soweit nicht nachstehend etwas Anderes bestimmt ist. (…)“. Mit Schreiben vom 21.07.2023 (Anlage K2) lud die Verwaltung der Beklagten zur außerordentlichen Eigentümerversammlung am 03.08.2023 ein. Zu TOP 5a heißt es darin: „Diskussion und Beschlussfassung über die (…) notwendige Dachsanierung der Häuser 1 – 5 gem. Kostenaufstellung der R. Ing. bei gleichzeitiger Beauftragung der R. nach der HOAI für die Leistungsphasen 1 – 9 und Beschluss einer Sonderumlage zur Finanzierung dieser Maßnahme. Kostenvolumen ca. EURO 1.100.000,00. (…)“. Der Einladung beigefügt waren u.a. ein Bericht zur Dachsanierung der R.-Ingenieure (Anl. K5), eine Kostenaufstellung bzw. -schätzung zur Dachsanierung der R.-Ingenieure (Anl. K6) sowie ein Angebot der Fa. E. I. GmbH & Co. KG („Begleiten von Förderanträgen für die energetische Modernisierung der Wohngebäude (…) Häuser 1-5“) gemäß Anl. K7.
Auf der Versammlung am 03.08.2023 wurde zu „TOP 5a+c“ mehrheitlich – mit 26 Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme – folgender Beschlussantrag angenommen (vgl. Protokoll, Anlage K3):
„Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt die energetische Dachsanierung der Häuser 2 – 5 und den Wiederaufbau des Dachstuhls Haus 1 und hälftig Haus 2 inkl. aller notwendigen Nebenarbeiten gem. des mit der Einladung zur Eigentümerversammlung allen Eigentümern übermittelten Berichts und der Kostenaufstellung der Firma R. … vom 15.05.2023. Insgesamt wird hierfür ein Kostenbudget in Höhe von Euro 1.100.000,00 bereitgestellt. Zur schlussendlichen Vergabeverhandlung der Gewerke, ist der Verwaltungsbeirat einzuladen.
Weiterhin beschließt die Gemeinschaft der Eigentümer, die Firma R. Ingenieure … mit der Erbringung von Architektenleistungen für diese Maßnahmen auf Grundlage der HOAI (Leistungsphasen 1-9) zu beauftragen.
Die Verwaltung wird bevollmächtigt, einen entsprechenden Vertrag auszuhandeln und gegenzuzeichnen.
Als Fördermittelberater soll die Firma E. GmbH & Co. KG, … auf Grundlage des ebenso der Einladung beigefügten Angebots vom 22.06.2023 beauftragt werden.
Zur Finanzierung dieser Maßnahme wird eine Sonderzuführung zur Erhaltungsrücklage über eine Sonderumlage in Höhe von 1.100.000,00 Euro erhoben. Die Sonderumlage wird am 30.11.2023 zur Zahlung fällig. Die Verteilung der Beträge erfolgt nach den im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteilen.
Rückständige Beträge sind mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Eigentümer werden gebeten, den fälligen Betrag fristgerecht auf das Konto der WEG zu überweisen. Die Eigentümer erhalten von der Verwaltung unverzüglich ein Schreiben mit einer Berechnung des anteiligen Umlagebetrages.“
Mit Schreiben vom 09.08.2023 (Anlage K4) forderte die Verwaltung der Beklagten die Klägerin zur Zahlung von 153.865,80 Euro auf die „Sonderumlage Dachsanierung“ auf (entspr. Anteil v. 13,98%).
Mit ihrer am 25.08.2023 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 13.09.2023 zugestellten und mit Schriftsatz vom 19.09.2023 – bei Gericht eingegangen am selben Tag – weiter begründeten Anfechtungsklage hat die Klägerin geltend gemacht, dass der Beschluss vom 03.08.2023 zu TOP 5a für ungültig zu erklären sei. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschlossene Kostenverteilungsregelung (nach Miteigentumsanteilen) von dem in der Teilungserklärung bestimmten Maßstab (nach Fläche) abweiche und daher gegen § 16 Abs. 2 S. 1 WEG verstoße. Ein Beschluss für eine abweichende Verteilung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG sei nicht gefasst worden, abgesehen davon bestünde dafür auch kein rechtfertigender bzw. sachlicher Grund. Sie, die Klägerin, habe keinerlei Nutzungs- oder Gebrauchsvorteile an den Häusern 1-5, deren (Dach-)Sanierung beschlossen worden sei, weswegen eine Umlage der Kosten nach Miteigentumsanteilen nicht angemessen sei. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Eigentümer bei der Beschlussfassung über eine Abweichung vom vereinbarten Schlüssel im Klaren gewesen seien; die Verwaltung haben den Schlüssel fehlerhaft in den Beschlusstext aufgenommen. Nach dem Rechtsgedanken in § 139 BGB sei nicht nur die Kostentragungsregelung nebst Sonderumlage aufzuheben, sondern der gesamte Beschluss. Inhaltlich sei zudem zu beanstanden, dass die Kostenaufstellung (Anlage K7) nur eine grobe Schätzung enthalten habe und den Eigentümern lediglich das Angebot der Firma E., aber keine weiteren Vergleichsangebote vorgelegen hätten, obwohl insoweit mit Kosten von ca. 10.000,00 Euro zu rechnen gewesen sei. Das gleiche gelte auch für das einzige Angebot der Firma R.-Ingenieure.
Mit – inzwischen bestandskräftigem – Beschluss der Eigentümerversammlung vom 30.01.2024 haben die Wohnungseigentümer den Beschluss vom 03.08.2024 zu TOP 5 aufgehoben, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Die Klägerin macht geltend, dass der Beschluss für ungültig zu erklären gewesen wäre.
Die Beklagte bringt vor, dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen habe. Die Eigentümer hätten von der Regelung in § 16 Abs. 2 S. 2 WEG Gebrauch gemacht. Zudem sehe der Beschluss keine endgültige Verteilung der Kosten vor; darüber wäre erst mit (erneuter) Beschlussfassung nach Abrechnung der Sonderumlage verbindlich zu entscheiden gewesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits sind im Streitfall der Beklagten aufzuerlegen. Ohne die Erledigung der Hauptsache wäre der angefochtene Beschluss vom 03.08.2023 zu TOP 5a für ungültig zu erklären gewesen, weil er den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprochen hat.
Dies folgt schon daraus, dass die Entscheidung der Wohnungseigentümer, die Dachsanierung durch Erhebung einer Sonderumlage zu finanzieren, die die Teil- und Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt einzuzahlen hatten, den Vorgaben der Teilungserklärung widersprochen hat (§ 16 Abs. 1 S. 2 WEG). Dort ist in § 13 Abs. 2 geregelt, dass der Maßstab für die Verteilung der „Bewirtschaftungskosten“ – also auch der Kosten der „Instandhaltung und Instandsetzung“ des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 13 Abs. 1 b) TE) – „auf der Grundlage der qm-Wohn-/Nutzfläche der einzelnen Einheit im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche ermittelt“ wird. Stattdessen sollte die Finanzierung der „Dachsanierung“, also der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, hier mithilfe einer Sonderumlage erfolgen, deren Beiträge nach Miteigentumsanteilen berechnet werden. Legen die Wohnungseigentümer einem Beschluss über eine Sonderumlage einen fehlerhaften Verteilungsschlüssel zugrunde, wird damit zwar die endgültige Kostenverteilung noch nicht verbindlich festgelegt, dieser Beschluss zur Ergänzung des Wirtschaftsplans ist aber anfechtbar (G. Hermann, in: BeckOGK-WEG, 1.3.2024, § 28, Rn. 71 a.E. m.w.N.). Ob dieser fehlerhafte Verteilungsschlüssel bewusst oder unbewusst gewählt worden ist, ist für die Frage der Ordnungsmäßigkeit im Rahmen der Anfechtungsklage nicht von Belang.
Etwas anderes folgt im Streitfall auch nicht daraus, dass die Eigentümer – wie die Beklagte geltend macht – von ihrer Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG Gebrauch gemacht haben sollen. Zwar hat der Bundesgerichtshof unlängst entschieden, dass diese Regelung eine weitreichende Kompetenz für eine auch von der Teilungserklärung abweichende Regelung zur Kostenverteilung bereithält, mit der Wohnungs- oder Teileigentümer abweichend von der bisherigen Übung mit Kosten be- bzw. entlastet werden können (vgl. Urteile vom 22.03.2024 – V ZR 81/23 und 87/23). Zudem müssen die auf dieser Grundlage gefassten Beschlüsse auch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen (s. etwa BGH, Urt. v. 22.3.2024 – V ZR 87/23, Rn. 11). Vorliegend fehlt es aber schon an der Wahrnehmung der o.g. Beschlusskompetenz durch die Eigentümer anlässlich der Versammlung am 03.08.2023. Es spricht nichts Greifbares dafür, dass sich die Eigentümer im Rahmen ihrer Willensbildung und -entschließung darüber bewusst gewesen sind, mit dem Beschluss über die Sonderumlage und deren Verteilungsmaßstab von den Vorgaben der Teilungserklärung – und zu Lasten der Klägerin – abzuweichen. Der Gebrauch des (weiten), von § 16 Abs. 2 S. 2 WEG eröffneten Gestaltungsermessens setzt aber voraus, dass sich die Eigentümer gewahr darüber sind, ob und in welcher Form sie von dem bisherigen Verteilungsschlüssel abweichen wollen. Im Versammlungsprotokoll sowie der Einladung zur Versammlung findet sich dazu nichts. Die Beklagte trägt auch nichts dazu vor, aus welchen tatsächlichen Gründen bei der Beschlussfassung der Gedanke der abweichenden Kostenregelung präsent gewesen sein soll; eine bloß nachträgliche Berufung auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG genügt aber nicht.
Schon aus dem Beschluss selbst muss hinreichend konkret hervorgehen, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine von der bisherig geltenden Kostenverteilung abweichende Regelung zu beschließen (s. nur BGH, NZM 2018, 905, 907, Rn. 18 zu § 16 Abs. 3 WEG a.F.).
Selbst wenn dies abweichend zu beurteilen wäre, hätte der gewählte Verteilungsschlüssel wegen der „Sonderbelastung“ der Klägerin der Anfechtung nicht standgehalten. Typischerweise entspricht eine abweichende Kostenverteilung, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG, jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt (BGH, Urteil vom 22. März 2024 – V ZR 81/23, Rn. 14). Das ist hier aber nicht ersichtlich.
Die beschlossene Sanierung der Dächer, die durch die Sonderumlage finanziert werden sollte, betrifft nur die Häuser 1-5, aber nicht die – davon getrennte – Teileigentumseinheit der Klägerin auf dem vorderen Grundstücksteil. Weshalb sich also die Klägerin anstatt mit einem Anteil von ca. 5,88% (bei einer Verteilung nach m²) mit einem Anteil v. ca. 13,98% (bei einer Verteilung nach MEA) – und damit um das knapp 2,4fache mehr – an der Sonderumlage beteiligen sollte, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht dargetan. Das war angesichts der Höhe der Sonderumlage (1.100.000,00 Euro) auch nicht ohne Bedeutung.
Auf die weiteren, von der Klägerin geltend gemachten Anfechtungsgründe kommt es daher nicht an. Im Übrigen wäre – wie sie zutreffend ausgeführt hat – nicht nur der Beschluss(-teil) über die Erhebung der Sonderumlage, sondern (nach § 139 BGB analog) der gesamte Beschluss für ungültig zu erklären gewesen.
Ob die Klägerin nicht auch nur die Erhebung der Sonderumlage mitsamt des fehlerhaften Verteilungsschlüssels hätte angreifen können, bedarf hier keiner Entscheidung (zur Anfechtung nur der Kostenverteilungsregelung BGH, Urt. v. 22.03.2024 – V ZR 87/23). Dahinstehen kann auch, ob der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage nebst abweichender, auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG gestützter Kostenverteilungsregelung bereits die spätere Verteilung der Kosten im Rahmen der Beschlussfassung nach § 28 Abs. 2 S. 1 WEG vorbestimmen kann oder nicht; ein solcher kombinierter Beschlusswille ist im Streitfall schon nicht erkennbar.
Im Rahmen der Erwägungen nach § 91a ZPO zu berücksichtigen ist ferner, dass die Verwaltung der Beklagten bereits mit Schreiben vom 10.11.2023 (Anlage K8) angekündigt hatte, kurzfristig eine Eigentümerversammlung einberufen zu wollen, auf der der Beschluss zu TOP 5 vom 3. August 2023 aufgehoben und ein neuer Beschluss in abgewandelter Form aufgrund neuer Ausschreibungsunterlagen und Förderrichtlinien gefasst werden sollte. Genauso ist es geschehen, und zwar ohne dass die Wohnungseigentümer erneut die hier in Rede stehende Kostenverteilung beschlossen haben, weswegen die Veranlassung zur Klageerhebung vermeidbar gewesen ist.
3. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 49 GKG. Das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung beträgt 1.100.000,00 Euro. Wertmäßig stand nicht lediglich die auf die Klägerin entfallene Differenz der Sonderumlagebeträge im Streit, sondern die beschlossene Sanierungsmaßnahme insgesamt.
Dieses Gesamtinteresse wird allerdings begrenzt durch das 7,5fache Einzelinteresse der Klägerin (hier: 5,88% x 1.100.000,00 Euro x 7,5 entspricht 485.100 Euro).