Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Kündigung von Mietverträgen: Rechtsgültigkeit digitaler Kommunikation im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Form muss eine Mietvertragskündigung haben und genügt eine Zustellung per beA der Schriftform?
- Welche Gründe sind für eine Eigenbedarfskündigung zulässig und wie wird Eigenbedarf konkret nachgewiesen?
- Welche Fristen sind bei einer Eigenbedarfskündigung einzuhalten?
- Welche Möglichkeiten haben Mieter, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren?
- Kann die angespannte Wohnungslage als Härtegrund gegen eine Eigenbedarfskündigung angeführt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger war Hauptmieter und hatte die Wohnung an die Beklagten untervermietet.
- Der Kläger kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf für seinen Bruder und dessen Familie.
- Die Kündigung wurde mehrfach schriftlich bestätigt und auf die konkrete Notwendigkeit hingewiesen.
- Die Beklagten wiesen auf die angespannten Wohnverhältnisse und drohende Obdachlosigkeit hin.
- Das Gericht entschied, dass die Beklagten die Wohnung räumen müssen.
- Es wurde festgestellt, dass die Kündigung in der erforderlichen Schriftform erfolgte.
- Der Einsatz des digitalen Tools beA wurde als rechtlich ausreichend betrachtet.
- Für die Beklagten wurde eine Räumungsfrist bis Ende 2024 gewährt.
- Die Beklagten müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was die Möglichkeit zur Zwangsvollstreckung beinhaltet.
Kündigung von Mietverträgen: Rechtsgültigkeit digitaler Kommunikation im Fokus
Die Kündigung eines Mietvertrags ist ein bedeutender Schritt für Mieter und Vermieter, der weitreichende rechtliche Folgen haben kann. In Deutschland bestehen klare Regelungen, die sowohl die Rechte als auch die Pflichten der Parteien schützen. Besonders wichtig ist hierbei das formelle Vorgehen, das für eine wirksame Kündigung eingehalten werden muss. Neben der schriftlichen Form sind auch bestimmte Fristen und Gründe zu beachten, die in der jeweiligen Mietrechtsordnung festgelegt sind.
In den letzten Jahren hat sich zudem die Kommunikation und Dokumentation im juristischen Bereich durch digitale Tools wie das besondere Anwaltspostfach (beA) weiterentwickelt. Die Frage, ob eine Kündigung von Mietverhältnissen auch über dieses digitale Medium rechtsgültig erfolgen kann, beschäftigt sowohl Juristen als auch Mieter und Vermieter. Es geht darum, ob der Einsatz moderner Technologien dabei helfen kann, formale Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig die Effizienz im Rechtsverkehr zu erhöhen.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Fragestellung beleuchtet und wesentliche Aspekte der rechtlichen Bewertung zusammenfasst.
Rechtliche Unterstützung für Ihre Mietkündigung
Stehen Sie vor der Herausforderung einer Mietvertragskündigung oder haben Fragen zum Thema Eigenbedarf? Unsere Kanzlei hat umfassende Expertise im Mietrecht und versteht die komplexen Anforderungen und Nuancen, die mit Kündigungen verbunden sind. Der erste Schritt zur Lösung Ihres rechtlichen Problems ist die Kontaktaufnahme mit uns. Lassen Sie sich von unseren erfahrenen Fachleuten beraten – unverbindlich und zielgerichtet. Vertrauen Sie auf unsere Kompetenz, um Ihre Rechte zu wahren.
Der Fall vor Gericht
Mietstreit um Eigenbedarf: Untermietverhältnis vor Gericht
In einem komplexen Rechtsstreit um die Kündigung eines Untermietverhältnisses hat das Amtsgericht Charlottenburg am 26. Juni 2024 ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Der Fall drehte sich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin, die der Kläger als Hauptmieter an den Beklagten zu 1. im Januar 2018 untervermietet hatte. Der monatliche Mietzins belief sich auf 418,57 Euro netto kalt.
Kündigungsgründe und rechtliche Schritte
Der Kläger hatte das Mietverhältnis erstmals am 30. Oktober 2022 aufgrund von Eigenbedarf gekündigt. Als Begründung gab er an, die Wohnung für seinen Bruder und dessen Familie zu benötigen. In der Klageschrift vom 10. März 2023 wurde die Kündigung wiederholt und präzisiert: Der Bruder des Klägers sei Ende 2022 mit Ehefrau und zwei Töchtern nach Deutschland gezogen und lebe nun mit dem Kläger in dessen Wohnung zusammen, was auf Dauer nicht zumutbar sei.
Rechtliche Grundlagen und Gerichtsentscheidung
Das Gericht gab der Klage statt und verpflichtete die Beklagten zur Räumung der Wohnung. Entscheidend für das Urteil waren mehrere rechtliche Aspekte. Zunächst stellte das Gericht fest, dass die letzten beiden Kündigungsschreiben des Klägers, die per beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) zugestellt wurden, der Schriftform des § 568 Abs. 1 BGB genügten. Dies ist ein wichtiger Punkt für die Wirksamkeit der Kündigung.
Eigenbedarf als Kündigungsgrund
Der vom Kläger geltend gemachte Eigenbedarf wurde vom Gericht als begründet anerkannt. Das Bedürfnis des Bruders, mit seiner Familie in einer eigenen Wohnung zu leben, anstatt beengt mit dem Kläger zusammenzuwohnen, wurde als ausreichender Grund für eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gewertet. Die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen, die diesen Bedarf bestätigten, wurde vom Gericht nicht angezweifelt.
Einwände der Beklagten und gerichtliche Bewertung
Die Beklagten hatten argumentiert, der Kläger verfüge über eine weitere Wohnung in Berlin-Charlottenburg. Das Gericht befand jedoch, dass es sich dabei lediglich um eine Ein-Zimmer-Mietwohnung handle, die der Kläger als Atelier nutze. Diese sei für eine mehrköpfige Familie offensichtlich weniger geeignet als die Streitwohnung. Zudem stellte das Gericht klar, dass keine Verpflichtung bestehe, den Beklagten diese alternative Wohnung anzubieten, da sie nur gemietet und bereits genutzt werde.
Der Verweis der Beklagten auf die angespannte Wohnungslage in Berlin wurde vom Gericht als nicht ausreichend erachtet, um einen Härtefall nach § 574 Abs. 1 S. 1 BGB zu begründen. Das Gericht bemängelte, dass nicht dargelegt wurde, warum die Beklagten zwingend in Berlin bleiben müssten und nicht ins Umland oder in eine andere Region umziehen könnten.
Räumungsfrist und Urteilsfolgen
Trotz der Räumungsverpflichtung gewährte das Gericht den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31. Dezember 2024, was etwa sechs Monate ab dem Urteilsdatum entspricht. Diese Frist berücksichtigt, dass ein vertragstreuer Mieter bei einer Eigenbedarfskündigung nicht verpflichtet ist, sich um Ersatzwohnraum zu bemühen, solange der Eigenbedarf nicht gerichtlich bestätigt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten auferlegt. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei die Beklagten die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 7.000 Euro abwenden können, sofern der Kläger nicht seinerseits diese Sicherheit leistet.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt die Wirksamkeit von Eigenbedarfskündigungen bei Untermietverhältnissen und die Zulässigkeit elektronischer Zustellung per beA. Es unterstreicht, dass der Eigenbedarf eines nahen Verwandten ausreicht und dass Mieter bei Härteeinwänden konkret darlegen müssen, warum ein Umzug unzumutbar ist. Die Entscheidung stärkt die Position von Vermietern bei begründetem Eigenbedarf, gewährt aber Mietern angemessene Räumungsfristen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil verdeutlicht wichtige Aspekte für Vermieter und Mieter bei Eigenbedarfskündigungen. Als Vermieter können Sie eine Kündigung wegen Eigenbedarfs auch bei Untermietverhältnissen wirksam durchsetzen, wenn der Bedarf nachweisbar ist – beispielsweise für nahe Verwandte. Die elektronische Zustellung per beA ist dabei rechtsgültig. Als Mieter sollten Sie beachten, dass allgemeine Verweise auf Wohnungsknappheit nicht als Härtegrund ausreichen; Sie müssen konkret darlegen, warum ein Umzug unzumutbar wäre. Beachten Sie auch, dass Sie nach einer Eigenbedarfskündigung nicht sofort ausziehen müssen – das Gericht kann Ihnen eine angemessene Räumungsfrist gewähren, in der Sie erst nach gerichtlicher Bestätigung des Eigenbedarfs aktiv eine neue Wohnung suchen müssen.
FAQ – Häufige Fragen
Willkommen in unserer FAQ-Rubrik, die Ihnen wertvolle Informationen rund um das Thema Mietvertragskündigung und Eigenbedarf bietet. Hier beantworten wir häufige Fragen und klären auf, welche Rechte und Pflichten sowohl Mieter als auch Vermieter in solchen Situationen haben. Tauchen Sie ein, um sicherzustellen, dass Sie gut informiert sind und Ihre Interessen wahrnehmen können.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Form muss eine Mietvertragskündigung haben und genügt eine Zustellung per beA der Schriftform?
- Welche Gründe sind für eine Eigenbedarfskündigung zulässig und wie wird Eigenbedarf konkret nachgewiesen?
- Welche Fristen sind bei einer Eigenbedarfskündigung einzuhalten?
- Welche Möglichkeiten haben Mieter, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren?
- Kann die angespannte Wohnungslage als Härtegrund gegen eine Eigenbedarfskündigung angeführt werden?
Welche Form muss eine Mietvertragskündigung haben und genügt eine Zustellung per beA der Schriftform?
Eine Mietvertragskündigung muss grundsätzlich schriftlich erfolgen. Dies bedeutet, dass die Kündigung eigenhändig unterschrieben sein muss. Eine Zustellung per beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) genügt dieser Schriftform nicht.
Die Schriftform für Mietvertragskündigungen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie dient dem Schutz beider Vertragsparteien und soll sicherstellen, dass die Kündigung eindeutig und nachweisbar ist. Eine E-Mail, SMS oder mündliche Mitteilung reicht nicht aus.
Für eine wirksame Kündigung müssen folgende Punkte beachtet werden:
- Die Kündigung muss auf Papier verfasst sein.
- Sie muss vom Kündigenden eigenhändig unterschrieben werden.
- Der vollständige Name des Kündigenden muss erkennbar sein.
- Das Kündigungsdatum und der Zeitpunkt, zu dem das Mietverhältnis enden soll, müssen angegeben werden.
Eine Zustellung per beA erfüllt diese Anforderungen nicht, da sie keine eigenhändige Unterschrift enthält. Auch wenn das beA eine sichere Übertragung gewährleistet, ersetzt es nicht die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform.
Wichtig zu wissen: In bestimmten Fällen kann eine strengere Form erforderlich sein. Wenn der Mietvertrag beispielsweise notariell beurkundet wurde, muss auch die Kündigung notariell beurkundet werden.
Für Mieter und Vermieter ist es ratsam, die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein zu versenden. So kann der Zugang der Kündigung nachgewiesen werden, was im Streitfall von Vorteil sein kann.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Kündigung den formalen Anforderungen entspricht, sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen. Eine formungültige Kündigung kann unwirksam sein und das Mietverhältnis ungewollt verlängern.
Welche Gründe sind für eine Eigenbedarfskündigung zulässig und wie wird Eigenbedarf konkret nachgewiesen?
Eine Eigenbedarfskündigung ist zulässig, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Als berechtigte Gründe gelten beispielsweise:
- Der Vermieter möchte selbst in die Wohnung einziehen
- Kinder oder Eltern des Vermieters benötigen die Wohnung
- Ein Pfleger soll in der Nähe des Vermieters wohnen
Auch entferntere Verwandte wie Nichten, Neffen oder Cousins können einen Eigenbedarfsgrund darstellen, sofern eine enge persönliche Beziehung zum Vermieter besteht.
Der Eigenbedarf muss vernünftig und nachvollziehbar sein. Ein reines Interesse an der Wohnung oder der Wunsch nach einer Ferienwohnung reichen nicht aus. Der Vermieter muss einen konkreten Nutzungswunsch haben, der auch längerfristig angelegt ist.
Zum Nachweis des Eigenbedarfs muss der Vermieter in der Kündigung detailliert darlegen:
- Wer genau in die Wohnung einziehen soll
- Welche Beziehung diese Person zum Vermieter hat
- Warum gerade diese Wohnung benötigt wird
- Wie die aktuelle Wohnsituation der einziehenden Person aussieht
Je genauer und ausführlicher die Begründung, desto besser. Der Vermieter sollte auch erklären, warum keine andere Wohnung zur Verfügung steht.
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, zusätzliche Nachweise vorzulegen, wie zum Beispiel:
- Arbeitsverträge bei berufsbedingtem Umzug
- Ärztliche Atteste bei gesundheitlichen Gründen
- Studienbescheinigungen bei Studierenden
Es ist wichtig zu beachten, dass der Vermieter den Eigenbedarf ernsthaft und dauerhaft verfolgen muss. Wenn sich nach dem Auszug des Mieters herausstellt, dass der angegebene Grund nicht zutrifft, kann der Mieter Schadensersatzansprüche geltend machen.
Für Sie als Mieter oder Vermieter bedeutet das: Prüfen Sie sorgfältig, ob die Gründe für eine Eigenbedarfskündigung stichhaltig sind und ob sie ausreichend nachgewiesen wurden. Im Zweifelsfall kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen, um die Situation korrekt einzuschätzen und Ihre Rechte zu wahren.
Welche Fristen sind bei einer Eigenbedarfskündigung einzuhalten?
Bei einer Eigenbedarfskündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 573c BGB. Diese Fristen sind abhängig von der Dauer des Mietverhältnisses:
- Bis zu 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate Kündigungsfrist
- 5 bis 8 Jahre Mietdauer: 6 Monate Kündigungsfrist
- Mehr als 8 Jahre Mietdauer: 9 Monate Kündigungsfrist
Die Kündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats erfolgen. Wenn Sie also zum 31. August kündigen möchten, muss die Kündigung dem Mieter spätestens am 3. Juni zugehen.
Wichtig: Diese Fristen gelten für den Vermieter. Der Mieter hat dagegen immer nur eine dreimonatige Kündigungsfrist, unabhängig von der Mietdauer.
Besonderheiten bei der Eigenbedarfskündigung
Bei einer Eigenbedarfskündigung gibt es einige Besonderheiten zu beachten:
- Begründungspflicht: Der Vermieter muss den Eigenbedarf in der Kündigung ausführlich begründen. Eine pauschale Angabe reicht nicht aus.
- Kündigungssperrfrist: In manchen Fällen, besonders bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, kann eine Kündigungssperrfrist von bis zu 10 Jahren gelten.
- Sozialklausel: Der Mieter kann sich auf die Sozialklausel (§ 574 BGB) berufen, wenn die Kündigung für ihn eine besondere Härte darstellt.
- Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine Kündigung per E-Mail oder SMS ist nicht wirksam.
Wenn Sie als Vermieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen möchten, sollten Sie die Fristen sorgfältig berechnen und alle formalen Anforderungen erfüllen. Als Mieter haben Sie das Recht, die Kündigung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Widerspruch einzulegen.
Welche Möglichkeiten haben Mieter, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren?
Bei einer Eigenbedarfskündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 573c BGB. Diese Fristen sind abhängig von der Dauer des Mietverhältnisses:
- Bis zu 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate Kündigungsfrist
- 5 bis 8 Jahre Mietdauer: 6 Monate Kündigungsfrist
- Mehr als 8 Jahre Mietdauer: 9 Monate Kündigungsfrist
Die Kündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats erfolgen. Wenn Sie also zum 31. August kündigen möchten, muss die Kündigung dem Mieter spätestens am 3. Juni zugehen.
Wichtig: Diese Fristen gelten für den Vermieter. Der Mieter hat dagegen immer nur eine dreimonatige Kündigungsfrist, unabhängig von der Mietdauer.
Besonderheiten bei der Eigenbedarfskündigung
Bei einer Eigenbedarfskündigung gibt es einige Besonderheiten zu beachten:
- Begründungspflicht: Der Vermieter muss den Eigenbedarf in der Kündigung ausführlich begründen. Eine pauschale Angabe reicht nicht aus.
- Kündigungssperrfrist: In manchen Fällen, besonders bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, kann eine Kündigungssperrfrist von bis zu 10 Jahren gelten.
- Sozialklausel: Der Mieter kann sich auf die Sozialklausel (§ 574 BGB) berufen, wenn die Kündigung für ihn eine besondere Härte darstellt.
- Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine Kündigung per E-Mail oder SMS ist nicht wirksam.
Wenn Sie als Vermieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen möchten, sollten Sie die Fristen sorgfältig berechnen und alle formalen Anforderungen erfüllen. Als Mieter haben Sie das Recht, die Kündigung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Widerspruch einzulegen.
Kann die angespannte Wohnungslage als Härtegrund gegen eine Eigenbedarfskündigung angeführt werden?
Ja, die angespannte Wohnungslage kann als Härtegrund gegen eine Eigenbedarfskündigung angeführt werden. Allerdings ist dies kein automatischer Schutz vor der Kündigung, sondern nur ein Faktor, der im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt wird.
Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Wohnungslage
Damit die angespannte Wohnungslage als Härtegrund anerkannt wird, müssen Sie als Mieter konkret darlegen, warum es für Sie besonders schwierig ist, eine neue Wohnung zu finden. Relevante Faktoren können sein:
- Ihr Alter und Gesundheitszustand
- Ihre finanzielle Situation
- Die Dauer Ihres Mietverhältnisses
- Ihre familiäre Situation (z.B. schulpflichtige Kinder)
- Besondere Anforderungen an die Wohnung (z.B. Barrierefreiheit)
Je mehr dieser Faktoren auf Sie zutreffen, desto eher kann die Wohnungslage als Härtegrund anerkannt werden.
Interessenabwägung durch das Gericht
Das Gericht wird Ihre Interessen als Mieter gegen die Interessen des Vermieters abwägen. Dabei hat der Eigenbedarf grundsätzlich ein hohes Gewicht. Die angespannte Wohnungslage allein reicht in der Regel nicht aus, um eine Eigenbedarfskündigung unwirksam zu machen.
Mögliche Folgen bei Anerkennung als Härtegrund
Wenn das Gericht die Wohnungslage als Härtegrund anerkennt, kann dies zu folgenden Ergebnissen führen:
- Verlängerung der Kündigungsfrist: Ihnen wird mehr Zeit eingeräumt, eine neue Wohnung zu finden.
- Zeitlich begrenzte Fortsetzung des Mietverhältnisses: Das Mietverhältnis wird für einen bestimmten Zeitraum fortgesetzt, um Ihnen die Wohnungssuche zu ermöglichen.
- In seltenen Fällen: Unwirksamkeit der Kündigung, wenn Ihre Interessen die des Vermieters deutlich überwiegen.
Handlungsempfehlungen für Sie als Mieter
Wenn Sie mit einer Eigenbedarfskündigung konfrontiert sind und die Wohnungslage als Härtegrund anführen möchten:
- Dokumentieren Sie Ihre Bemühungen bei der Wohnungssuche sorgfältig.
- Sammeln Sie Belege für die angespannte Wohnungslage (z.B. Statistiken, Zeitungsartikel).
- Legen Sie dar, warum es für Sie besonders schwierig ist, eine neue Wohnung zu finden.
- Konsultieren Sie bei Bedarf einen Fachanwalt für Mietrecht, um Ihre Chancen einschätzen zu lassen.
Beachten Sie, dass jeder Fall individuell betrachtet wird. Die angespannte Wohnungslage kann ein wichtiger Faktor sein, garantiert aber keinen Schutz vor der Kündigung. Eine frühzeitige und intensive Wohnungssuche ist daher in jedem Fall ratsam.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Untermietverhältnis: Ein Untermietverhältnis entsteht, wenn der Hauptmieter einen Teil oder die gesamte gemietete Wohnung an einen Dritten (Untermieter) weitervermietet. Der Hauptmieter wird zum Vermieter des Untermieters, bleibt aber selbst Mieter gegenüber dem Eigentümer. Dies kann komplexe rechtliche Situationen schaffen, da der Untermieter kein direktes Vertragsverhältnis zum Eigentümer hat. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger als Hauptmieter die Wohnung an die Beklagten untervermietet, was die Frage aufwarf, ob Eigenbedarfskündigungen auch in solchen Konstellationen möglich sind.
- Eigenbedarf: Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Es ist ein gesetzlich anerkannter Grund für die Kündigung eines Mietverhältnisses. Der Bedarf muss vernünftig und nachvollziehbar sein, bloße Vorteile oder wirtschaftliche Interessen reichen nicht aus. Im konkreten Fall wurde der Eigenbedarf des Klägers für seinen Bruder und dessen Familie als begründet anerkannt, da diese aus dem Ausland zugezogen waren und beengt mit dem Kläger zusammenlebten.
- Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA): Das beA ist ein sicheres elektronisches Kommunikationssystem für Rechtsanwälte in Deutschland. Es ermöglicht den verschlüsselten Austausch von Dokumenten zwischen Anwälten, Gerichten und Behörden. Im vorliegenden Fall wurde die Zustellung der Kündigungsschreiben über das beA als rechtsgültige Form der schriftlichen Kündigung anerkannt, was die Bedeutung dieses digitalen Tools für den Rechtsverkehr unterstreicht.
- Härtegründe: Härtegründe sind Umstände, die es dem Mieter unzumutbar machen, die Wohnung zu räumen, selbst wenn die Kündigung an sich berechtigt ist. Sie können beispielsweise hohes Alter, schwere Krankheit oder die Unmöglichkeit, eine andere Wohnung zu finden, umfassen. Im Fall wurde der Verweis auf die angespannte Wohnungslage in Berlin nicht als ausreichender Härtegrund anerkannt, da die Beklagten nicht konkret darlegten, warum sie nicht ins Umland ziehen konnten.
- Räumungsfrist: Eine Räumungsfrist ist ein vom Gericht gewährter Zeitraum, in dem der Mieter trotz wirksamer Kündigung in der Wohnung bleiben darf. Sie soll dem Mieter ermöglichen, sich in Ruhe eine neue Wohnung zu suchen. Im Urteil wurde eine sechsmonatige Räumungsfrist gewährt, was als angemessen erachtet wurde, da Mieter bei Eigenbedarfskündigungen erst nach gerichtlicher Bestätigung aktiv suchen müssen.
- Schriftform: Die Schriftform ist eine gesetzlich vorgeschriebene Form für bestimmte Rechtsgeschäfte, insbesondere für Kündigungen von Mietverträgen. Sie erfordert eine eigenhändige Unterschrift des Ausstellers auf einem Schriftstück. Im digitalen Zeitalter wurde diese Definition erweitert: Das Urteil bestätigt, dass auch eine qualifizierte elektronische Signatur via beA der Schriftform genügt, was die rechtliche Anerkennung moderner Kommunikationswege im Mietrecht verdeutlicht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 546 BGB (Herausgabeanspruch): Dieser Paragraph regelt, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Mietsache an den Vermieter zurückgeben muss. Im vorliegenden Fall wurde das Mietverhältnis wirksam gekündigt, weshalb die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet sind.
- § 573 BGB (Kündigung wegen Eigenbedarfs): Dieser Paragraph erlaubt dem Vermieter, das Mietverhältnis zu kündigen, wenn er die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Im konkreten Fall kündigte der Kläger wegen Eigenbedarfs, da sein Bruder mit Familie bei ihm wohnt und eine eigene Wohnung benötigt.
- § 568 BGB (Form der Kündigung): Dieser Paragraph schreibt vor, dass eine Kündigungserklärung schriftlich erfolgen muss. Im vorliegenden Fall wurde die Wirksamkeit der Kündigung bestätigt, da die letzten beiden Kündigungsschreiben per beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) zugestellt wurden, was der Schriftform entspricht.
- § 574 BGB (Härtegründe): Dieser Paragraph schützt den Mieter vor einer Kündigung, wenn diese für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Im vorliegenden Fall beriefen sich die Beklagten auf die angespannte Wohnungslage in Berlin, was jedoch vom Gericht nicht als ausreichender Härtegrund anerkannt wurde.
- § 721 ZPO (Räumungsfrist): Dieser Paragraph ermöglicht es dem Gericht, dem Mieter bei einer Räumungsklage eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren. Im konkreten Fall wurde den Beklagten eine Räumungsfrist von sechs Monaten gewährt, da sie sich bis zur gerichtlichen Bestätigung des Eigenbedarfs nicht um Ersatzwohnraum bemühen mussten.
Das vorliegende Urteil
AG Charlottenburg – Az.: 211 C 33/23 – Urteil vom 26.06.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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1. Die Beklagten werden verurteilt, die Wohnung 5, 1… B.r Größe von (bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad, und Flur, zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2024 gewährt.
Tatbestand:
Der Kläger ist Hauptmieter der im Klageantrag näher bezeichneten Wohnung, die er dem Beklagten zu 1. im Januar 2018 untervermietet hat. Er bewohnt sie zusammen mit der Beklagten zu 2.
Es ist eine Nettokaltmiete von 418,57 Euro monatlich vereinbart.
Der Kläger kündigte das Mietverhältnis erstmals mit Schreiben an den Beklagten zu 1. vom 30.10.2022 wegen Eigenbedarf, weil er die Wohnung für seinen Bruder und dessen Familie benötige (Ablichtung Bl. 6 d. A.). Diese Kündigung wurde in der Klageschrift vom 10. März 2023 wiederholt und dahingehend ergänzt, dass der Bruder des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern Ende 2022 nach Deutschland gezogen und nunmehr sämtlich mit dem Kläger in dessen Wohnung in der … zusammenleben müssten, was nicht länger zumutbar sei.
Diese Kündigung wurde in zwei weiteren Schriftsätzen vom 27. November 2023 und 7. Februar 2024 wiederholt, die zeitgleich dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Parteibetrieb zugestellt wurden (Bl. 69 und 70 bzw. 81 und 82 d. A.).
Der Kläger behauptet, er habe schon seit 1997 eine Untermieterlaubnis für die Streitwohnung. Sein Bruder sei mit dessen Familie aus dem Iran nach Deutschland übersiedelt. Die Töchter hätten Asyl beantragt. In seiner Wohnung würden sich daher, da er ebenfalls verheiratet sei, derzeit regelmäßig sechs Personen aufhalten, was durch die Eigenbedarfskündigung geändert werden solle.
Er beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung rechts, mit einer Größe von ca. 66 m2, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad, und Flur, zu räumen und geräumt an ihn herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist.
Die Beklagten behaupten, der Kläger verfüge über eine weitere Wohnung in der in B.-Ch. Es sei ihnen aufgrund der angespannten Wohnungssituation in B. nicht möglich, eine neue Wohnung zu finden. Ihnen drohe Obdachlosigkeit.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 27. September 2023 Bl. 44 bis 49 d. A. verwiesen. Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet. Die Beklagten sind gemäß § 546 Abs. 1 und 2 BGB verpflichtet, die Mieträume nach Beendigung des Mietverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. zu räumen und herauszugeben.
Jedenfalls die beiden letzten Schriftsatzkündigungen des Klägers genügen der Schriftform des § 568 Abs. 1 BGB. Diese wurden dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten direkt qualifiziert elektronisch signiert per beA zugestellt, was für die Einhaltung der Schriftform jedenfalls genügt (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 568 Rn. 29 a.E.). Die Kündigungsgründe, die im Rechtsstreit bereits eingehend erörtert worden waren, brauchten dort nicht wiederholt zu werden, da dies eine überflüssige Förmelei gewesen wäre.
Das bloße Bestreiten der qualifizierten Signatur mit Nichtwissen ist unzulässig, da es sich um Handlungen im eigenen Wahrnehmungsbereich der Beklagten bzw. ihres Bevollmächtigten handelt, bei denen ein solches Bestreiten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig ist. Die Schwierigkeiten des Beklagtenvertreters bei der Einarbeitung in die ungeordneten Unterlagen des früheren (verstorbenen) Bevollmächtigten der Beklagten, die er in der letzten mündlichen Verhandlung geschildert hat, vermögen daran nichts zu ändern.
Die Beklagten müssen sich insoweit ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen.
Auch inhaltlich greift die Kündigung durch. Der Kläger hat einen Kündigungsgrund gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgetragen und erwiesen. Das Bedürfnis seines Bruders, nunmehr mit seiner Familie in eigener Wohnung zu leben und nicht mehr behelfsmäßig zusammen mit dem Kläger selbst, genügt als Eigenbedarfsgrund. Auf die entsprechenden Zeugenaussagen, an deren Glaubhaftigkeit das Gericht keine Zweifel hat, wird verwiesen. Inwieweit der Kläger eine Untermieterlaubnis hat, ist für dieses Verfahren ohne Belang. Rechte des Hauptvermieters bleiben von einem Wechsel des Untermieters in jedem Fall unberührt.
Der Eigenbedarf ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger über Wohnraum in der …. verfügen würde.
Der Kläger hat dargelegt, dass es sich dabei um eine 1-Zimmer-Mietwohnung handele, die er als Atelier nutze. Dem sind die Beklagten nicht mehr substantiiert entgegen getreten. Dass die Streitwohnung für eine mehrköpfige Familie immer noch besser geeignet ist, ist offenkundig. Eine Obliegenheit, den Beklagten die andere Wohnung alternativ anzubieten, entfällt schon deshalb, weil die Wohnung nur gemietet ist und außerdem genutzt wird. Ein Verstoß gegen die Anbietobliegenheit führt im Übrigen nicht zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung (BGH, Urteil vom 14.12.2016 – VIEI ZR 232/15).
Die sechsmonatige Kündigungsfrist ist mittlerweile abgelaufen.
Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg auf Härtegründe i. S. des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB berufen.
Der nicht näher substantiierte Hinweis auf die angespannte Wohnungslage in B. genügt dafür nicht. Es ist nicht einmal dargelegt, warum die Beklagten in B. verbleiben müssen und nicht ins Umland oder überregional umziehen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Den Beklagten war antragsgemäß nach § 721 Abs. 1 ZPO eine Räumungsfrist zu gewähren. Diese war auf gut sechs Monate zu bemessen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der vertragstreue Mieter, der eine Eigenbedarfskündigung erhält, bezüglich der Gewährung einer Räumungsfrist nicht gehalten ist, sich um Ersatzwohnraum zu bemühen, solange der Eigenbedarf nicht gerichtlich bestätigt ist.