AG Schöneberg, Az: 3 C 95/1, Urteil vom 10.09.2013
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.238,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Mai 2013 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt ist.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Durch schriftlichen Vertrag vom 28.09.2009 waren die Kläger bis zum 31.08.2012 Mieter einer im Hause des Beklagten in….., belegenen Wohnung.
§ 6 des formularmäßigen Mietvertrages lautet u.a. wie folgt:
„Die Mieträume befinden sich in einem Neurenovierten Zustand. Bei Auszug erfolgt die Übergabe in gleichwertigem Zustand.“
„§ 8 hat u.a. folgenden Inhalt:
Der Mieter trägt die Kosten der Schönheitsreparaturen an den Mieträumen. Dazu gehören:
– Tapezieren bzw. Anstrich von Wänden und Decken,
– Fachgerechte Behandlung der Fußböden,
– Anstrich der Türen, Heizkörper und Leitungen,
– Innenanstrich der Fenster.“
Als Mietkaution übergaben die Kläger dem Beklagten einen auf den Kläger zu 2. lautendes Sparbuch mit einer Einlage von 2.238,00 EUR.
Die Kläger gaben die hier fragliche Wohnung am 30.08.2012 zurück. Mit Schreiben vom 28.09.2012 forderte der Beklagte unter Fristsetzung die Vornahme von im Einzelnen aufgeführten Schönheitsreparaturen.
Die Kläger begehrten ursprünglich die Auszahlung des Kautionsbetrages und später die Herausgabe des Sparbuchs. Unter dem 09.07.2013 hat der Beklagte von dem Sparbuch einen Betrag in Höhe von 2.247,51 EUR abgehoben und das Sparbuch im Übrigen an die Kläger herausgegeben. Nunmehr begehren die Kläger die Auszahlung des Kautionsbetrages in Höhe von 2.238,00 EUR.
Die Kläger behaupten, die Mitarbeiterin des Beklagten habe ausdrücklich den Wohnungszustand bei der Abnahme gebilligt. Der malermäßige Zustand sei einwandfrei gewesen. Zudem sei die Vereinbarung im Hinblick auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen unwirksam.
Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.238,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass der Rechtsstreit in Übrigen in der Hauptsache erledigt ist.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, die Wohnung sei mit extremen extravaganten Farben gestrichen gewesen. Die Wohnung sei so nicht vermietbar. Zudem seien Dübellöcher nicht verschlossen worden. Ein ordnungsgemäßer Zustand würde Kosten in Höhe von 3.227,24 EUR verursachen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Kläger können aus der Kautionsabrede die Auszahlung des der Höhe nach unstreitigen Kautionsbetrages in Höhe von 2.238,00 EUR verlangen. Nach der Rückgabe des Sparbuches war im Übrigen festzustellen, dass der weitergehende Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Dem Beklagten steht eine aufrechenbare Gegenforderung nicht zu. Insbesondere sieht das Gericht in einer „ungewöhnlichen“ Farbwahl keine Vertragsverletzung. So hat der BGH ausdrücklich entschieden, dass der Vermieter dem Mieter während des Laufes des Mietvertrages keine bestimmte Farbnutzung auferlegen dürfe, vielmehr folge aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dass ein Mieter die Farbe grundsätzlich frei bestimmen kann und, dass eine evtl. Einschränkung gegen § 307 BGB verstoße (vgl. BGH NJW 08, 2499 ff.). Nach Auffassung des Gerichts läßt sich auch nicht zwischen „normalen“ und „nicht normalen“ Farben unterscheiden. Insoweit muss beachtet werden, dass in Deutschland vermehrt Menschen mit unterschiedlichen Kulturen leben, deren Farbwahl ebenfalls unterschiedlich ist. Dem Vermieter steht es allerdings frei, für den Zeitpunkt der Rückgabe eine eingeschränkte Farbauswahl zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung liegt hier aber nicht vor. Danach liegt aber auch in der „ungewöhnlichen“ Farbwahl keine Vertragsverletzung.
Allerdings waren die Kläger verpflichtet, die Dübellöcher fachgerecht zu verschließen. Insoweit haben die Kläger aber unwiderlegt vorgetragen, dass der wesentliche Teil der Dübellöcher durch ein schon bei Mietbeginn vorhandenes Hochbett verursacht worden sei. Danach wäre es die prozessuale Obliegenheit des Beklagten gewesen, die Anzahl der übrigen Dübellöcher substantiiert darzulegen, um dem Gericht eine Schätzung (vgl. § 287 ZPO) zu ermöglichen. Dies ist nicht geschehen. Selbst wenn man eine andere Ansicht vertreten wollte, so würde sich am Ergebnis des Rechtsstreits nichts ändern. Nach der Vertragsurkunde ist nämlich der Mieter verpflichtet, die Wohnung in „einem neurenovierten Zustand“ herauszugeben. Danach wäre aber ein Mieter verpflichtet, die Wohnung auch bei einem noch ordnungsgemäßen Zustand zu renovieren. Eine derartige Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam (vgl. BGH NJW 2007, 3776 ff.). Insoweit wird nämlich unangemessen von dem gesetzlichen Leitbild der §§ 535, 538 BGB abgewichen. Eine derartige Klausel dient dem einseitigen Ziel des Vermieters, dem nächsten Mieter auf Kosten des ausziehenden Mieters eine frisch renovierte Wohnung anzubieten (vgl. BGH a. a. O.). Es mag auch dahinstehen, ob diese unwirksame Abrede auch die Abrede in § 8 des Mietvertrages erfasst. § 8 des Mietvertrages ist ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Nach dem Wortlaut von § 8 des Mietvertrages hat nämlich der Mieter die Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen. Nach dem Wortlaut der Abrede kann daher der Vermieter ohne Einhaltung der Voraussetzungen des § 281 BGB die Kosten für fällige Schönheitsreparaturen verlangen. Eine derartige Abrede ist aber nach Auffassung des Gerichts unbillig, da sie den Mietern das Selbsteintrittsrecht verwehrt. Das Gericht verkennt nicht, dass man die hier fragliche Abrede auch dahingehend auslegen könnte, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführen darf. Gemäß § 305 c Abs. 2 BGB ist aber eine allgemeine Geschäftsbedingung im Zweifel zu Lasten des Vermieters auszulegen. Danach ist aber die hier fragliche Abrede unwirksam.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den Vorschriften §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.