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Mietpreisüberhöhung bei einer zum Teil allein und zum Teil mitgenutzten Wohnung

LG Hamburg – Az.: 311 S 4/11 – Urteil vom 17.06.2011

1. Die Berufungen des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 24.11.2010 und gegen das Ergänzungsurteil vom 04.03.2011 (Az. 46 C 139/10) werden zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.200,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Räumung der vom Beklagten innerhalb ihrer Wohnung genutzten Räume, der Beklagte begehrt widerklagend Feststellung, dass die Mietzinsvereinbarung nichtig ist und im Übrigen der Mietvertrag fortbesteht.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidungen. Bereits erstinstanzlich hat der Klägervertreter das Mietverhältnis erneut durch Schriftsatz vom 17.11.2010 (Bl. 36 bis 38 d. A.) fristlos gekündigt, nachdem der Beklagte auch bis dahin keine weitere Miete mehr gezahlt hatte. Der Schriftsatz ist dem Beklagten im Termin am 24.11.2010 übergeben worden.

Mietpreisüberhöhung bei einer zum Teil allein und zum Teil mitgenutzten Wohnung
Symbolfoto: Von elxeneize/Shutterstock.com

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 24.11.2010 den Beklagten zur Räumung verurteilt, ohne über die Widerklage zu entscheiden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 05.08.2010 jedenfalls aufgrund der fristgerechten Kündigung nach § 573c Abs. 3 BGB beendet worden, weil es sich um eine vom Vermieter selbst bewohnte Wohnung handele, die vom Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet worden sei. Im Übrigen sei für die Vereinbarung einer unzulässigen Miethöhe kein Anhaltspunkt ersichtlich.

Mit Ergänzungsurteil vom 04.03.2011 hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob eine Feststellungsklage zulässig sei, jedenfalls sei sie unbegründet, weil es bereits tatbestandlich an einer Mietpreisüberhöhung fehle, sodass § 5 WiStG und § 138 BGB nicht anwendbar seien. Der Mietenspiegel stelle keinen ausreichenden Anhaltspunkt für die Feststellung der Marktmiete dar, weil die teilmöblierte Wohnung einem Sondermarkt unterfalle.

Der Beklagte hat zunächst gegen das ihm am 13.12.2010 zugestellte Urteil vom 24.11.2010 mit am 13.01.2011 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat mit am 14.03.2011 (einem Montag) eingegangenem Schriftsatz begründet. Gegen das am 10.03.2011 zugestellte Ergänzungsurteil vom 04.03.2011 hat der Beklagte mit am 11.04.2011 (einem Montag) eingegangenem Schriftsatz Berufung zum Az. 316 S 42/11 eingelegt und diese mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 29.04.2011 begründet. Die Kammer hat das Verfahren 316 S 42/11 übernommen und durch Beschluss vom 09.05.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem hiesigen Verfahren verbunden.

Der Beklagte begründet die Berufungen damit, dass zunächst aus der Akte nicht ersichtlich sei, dass dem Kläger die Klage zugestellt worden sei. Diese sei dem Beklagten nur zuvor mit der Aufforderung zur Stellungnahme zum PKH-Antrag der Klägerin zugegangen, der Kläger habe aber nie das Anlagenkonvolut K2 erhalten. Die Kündigung vom 05.08.2010 sei unwirksam, schon weil nicht auf § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB hingewiesen und auch kein Datum für das Mietende genannt werde. Außerdem sei das Amtsgericht zu Unrecht von einem möblierten Wohnraum ausgegangen, vielmehr habe der Beklagte bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die Klägerin gesagt habe, die noch vorhandenen Möbel würden noch von Familienangehörigen abgeholt werden, und dass ein unmöblierter Wohnraum Gegenstand des Mietvertrags gewesen sei. Auch die Zahlungsverzugskündigungen seien unwirksam, weil die Klägerin eine sittenwidrig überhöhte Miete verlangt habe. Bei einer Gesamtfläche von 38 qm verlange die Klägerin eine Quadratmetermiete von 21,05 €. Als Vergleich verweise der Hamburger Mietenspiegel 2005 auf eine ortsübliche Vergleichsmiete von 7,07 €, zu der kalkulatorisch Betriebskosten von 3,38 € pro Quadratmeter hinzuzurechnen seien. Nur die ausschließlich zu seiner Wohnung gehörenden Räume seien bei der Grundflächenbemessung zu berücksichtigen. Der Kläger habe sich bei Mietbeginn in einer Zwangslage befunden, weil er Schufa-Einträge gehabt habe und deshalb nur schwer in seiner Heimatstadt Hamburg eine Wohnung habe finden können. Die Miete halte der Beklagte nur im Hinblick auf die Kündigung bzw. die Überzahlung von Mieten in der Vergangenheit zurück.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 24.11.2010 und das Ergänzungsurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 04.03.2011 (Az. 46 C 139/10) aufzuheben, die Klage abzuweisen und festzustellen, dass die seitens der Klägerin behauptete Vereinbarung über den Mietzins nichtig ist und im Übrigen der Mietvertrag aufrecht erhalten bleibt.

Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in dieser Instanz eingereichten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässigen Berufungen sind unbegründet. Die amtsgerichtlichen Urteile sind sowohl hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Räumung als auch im Hinblick auf die Abweisung der Widerklage nicht zu beanstanden.

Der Einwand des Beklagten, ihm sei die Klage nicht zugestellt worden, ist unbeachtlich. Aus der Akte ist ersichtlich, dass am 07.10.2010 das schriftliche Vorverfahren angeordnet und die Zustellung verfügt wurde. Der Beklagte selbst hat mit Schreiben vom 25.10.2010 mitgeteilt, dass ihm die Klage am 13.10.2010 zugestellt worden sei, sodass von einer Zustellung auszugehen ist. Soweit damit gerügt wird, dass der Beklagte die Anlage K2 (das Kündigungsschreiben vom 05.08.2010) nicht erhalten habe, ist dies auch deshalb unbeachtlich, weil jedenfalls nach der erfolgten Akteneinsicht der Beklagte spätestens in der Berufungsinstanz auch dazu Stellung nehmen konnte.

Im Übrigen kann dahinstehen, inwiefern eine ordentliche Kündigung der Klägerin möglich war und ob eine möblierte Wohnung vermietet wurde. Jedenfalls die mit Schriftsatz vom 17.11.2010 ausgesprochene weitere Zahlungsverzugskündigung hat das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet.

Der Beklagte befand sich zu jenem Zeitpunkt auch nach seiner eigenen Einlassung mindestens seit August 2010 im Verzug mit der Zahlung der vereinbarten Miete von 800 €.

Die Vereinbarung dieser Miete war nicht sittenwidrig, zumal bereits die Miete nicht unangemessen hoch im Sinne von § 5 WiStG ist. Der Beklagte hatte eine Mietfläche von allein genutzten 38 qm. Es kann dahinstehen, ob die Wohnungsflächenverordnung nur einen Ansatz dieser Fläche vorsieht, denn vorliegend geht es nicht um die Berechnung der Wohnungsgröße nach dem Wohnraumförderungsgesetz. Es geht ausschließlich darum, ob eine allein an der Marktmiete zu messende Überhöhung der Miete vorliegt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Um überhaupt einen Vergleich mit dem Marktpreis zu ermöglichen, muss auch die mitgenutzte Fläche berücksichtigt werden. Dies sind nach unwidersprochenem Vortrag in erster Instanz ca. 47 qm (Bad, Küche, Toilette, Flur und Abstellkammern), die der Beklagte jeweils zur Hälfte mitbenutzte bzw. mitbenutzen konnte (also mit 23,5 qm), wobei der Balkon noch nicht berücksichtigt ist. Bei 61,5 qm ergibt sich eine Miete von 13 €/qm; berücksichtigt man pauschal Betriebskosten von 3 €/m² , beträgt die Nettokaltmiete kalkuliert ca. 10 €/m².

Bereits bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann nicht von 7,07 €/m² ausgegangen werden, weil hierbei die Sondersituation der mitgenutzten Wohnung gerade nicht berücksichtigt wird. Der Mietenspiegel erfasst allenfalls Wohnungen der Gesamtgröße der vom Beklagten und der Klägerin gemeinsam genutzten Wohnung, kann aber keinen Vergleichsmaßstab für Mietverträge über Teile einer solchen Wohnung bieten, weil hierzu keine Erhebungen getroffen wurden.

Hinzu kommt, dass der Beklagte keine Umstände vorträgt, die belegen, dass die Klägerin eine besondere Zwangssituation des Beklagten oder Mangellage bei vergleichbaren Wohnungen ausgenutzt hat, insbesondere nicht, dass die Klägerin über eine solche überhaupt jeweils informiert gewesen ist.

Eine Zahlung innerhalb der Schonfrist ist nicht erfolgt, vielmehr fehlt es bereits an der Zahlungswilligkeit. Der Beklagte verweigert die Zahlung mit der unbegründeten Meinung, eine Miete sei gar nicht geschuldet bzw. er habe bereits in den vergangenen Jahren zu viel gezahlt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen.

III.

Der Streitwert für die Klage und Widerklage wird jeweils auf 9.600,00 € festgesetzt. Der Streitwert für das Räumungsverlangen bemisst sich nach § 41 Abs. 2 GKG. Bei der Widerklage handelt es sich nicht um denselben Streitgegenstand, weil nicht nur das Bestehen des Mietverhältnisses, sondern gesondert das Nichtbestehen nur der Mietzahlungspflicht Gegenstand ist. Dem Ziel nach handelt es sich um eine negative Feststellungsklage, sodass ein Abschlag nicht vorzunehmen ist. Entsprechend § 41 Abs. 1 GKG ist hier ebenfalls der Jahreswert anzusetzen.

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