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Rückkanalfähiger Breitbandkabelanschluss als wohnwerterhöhendes Merkmal

AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 7 C 52/16, Urteil vom 22.07.2016

Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung E Straße, 10997 Berlin, Vorderhaus, 3. OG links, von bisher 455,91 EUR pro Monat um 8,86 EUR pro Monat auf nunmehr 464,77 EUR pro Monat zuzüglich kalter und warmer Betriebskostenvorauszahlungen wie bisher mit Wirkung ab dem 01.12.2015 zuzustimmen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 74% und die Beklagten 26% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Rückkanalfähiger Breitbandkabelanschluss als wohnwerterhöhendes Merkmal
Symbolfoto: Von Olivier Le Moal /Shutterstock.com

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von den Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung.

Die Beklagten sind seit 01.07.2005 Mieter der Wohnung E Straße, 10997 Berlin, Vorderhaus, 3. OG links. Die Klägerin ist durch den am 17.08.2006 erfolgten Eigentumserwerb in das Mietverhältnis eingetreten. Die Wohnung verfügt über 2 ½ Zimmer, eine Küche, eine Toilette mit Bad, einen Flur und einen Kellerraum. Als Wohnfläche wurden im Mietvertrag 80,69 m² vereinbart. Seit dem 01.01.2014 betrug die vereinbarte Nettokaltmiete 455,91 EUR.

Mit Schreiben vom 23.09.2015 begehrte die Klägerin von den Beklagten unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2015 die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete von 455,91 EUR auf 497,34 EUR ab dem 01.12.2015. Dieser Erhöhung haben die Beklagten mit Schreiben vom 28.11.2015 widersprochen. Mit Schreiben vom 22.01.2016 teilte die Hausverwaltung der Klägerin mit, das Sondermerkmal „hochwertiger Bodenbelag“ werde nicht mehr geltend gemacht und berechnete eine Nettokaltmiete ab 01.12.2015 in Höhe von 489,77 EUR. Mit Schreiben vom 08.02.2016 rügten die Beklagten, dass sie das Verlangen rechnerisch nicht nachvollziehen konnten. Mit Schreiben vom 11.02.2016 erläuterte die Klägerin die verlangte Miete,

Die Wohnung ist in das Mietspiegelfeld G 3 des Berliner Mietspiegels 2015 einzuordnen. Sie ist ausgestattet mit einem modernen Bad, mit Isolierglasfenstern, die nach 1987 eingebaut wurden und ist an eine moderne im Jahr 2001 eingebaute Heizungsanlage angeschlossen. Die Müllstandsfläche ist sichtbegrenzt, nur den Mietern zugänglich und gepflegt.

Die Klägerin behauptet, Bad und Küche seien mit besonders hochwertigen Fliesen ausgestattet. Die Fassade sei wärmegedämmt. Der Breitbandkabelanschluss sei rückkanalfähig. Sie meint, das Merkmal sei wohnwerterhöhend, wenn die Mieter darüber Fernsehen könnten, ohne ein gesondertes Entgelt an ein anderes Unternehmen zahlen zu müssen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung E Straße, 10997 Berlin, Vorderhaus, 3. OG links, von bisher 455,91 EUR pro Monat um 33,86 EUR pro Monat auf nunmehr 489,77 EUR pro Monat zuzüglich kalter und warmer Betriebskostenvorauszahlungen wie bisher mit Wirkung ab dem 01.12.2015 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen, das Schreiben der Klägerin vom 11.02.2016 enthalte ein neues Mieterhöhungsverlangen, so dass eine Zustimmung frühestens zum 01.06.2016 verlangt werden könne. Sie tragen vor, die Küche sei ohne Spüle überlassen worden. In der Küche sei nur Linoleum verlegt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung aus § 558 Abs. 1 BGB auf eine monatliche Nettokaltmiete von 464,77 EUR. Der darüber hinaus verlangte Mietzins übersteigt hingegen die üblichen Entgelte für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage.

Die Klagefrist des § 558b Abs. 2 BGB wurde gewahrt. Die Klage wurde am 25.02.2016 und damit innerhalb der Klagefrist eingereicht (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Unschädlich ist, dass die Klage erst nach diesem Zeitpunkt zugestellt wurde, denn die fristwahrende Wirkung tritt gemäß §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO bereits mit dem Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht ein, da die Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgte.

Das Mieterhöhungsverlangen vom 23.09.2015 ist gemäß § 558a BGB formell wirksam, insbesondere ausreichend begründet. Die Begründung soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Hierfür ist erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, wobei jedoch an die Begründung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. u.a. KG, GE 2009, 905). Die Klägerin hat durch die Nennung des einschlägigen Mietspiegelfeldes im maßgeblichen Berliner Mietspiegel 2015 die Wohnung im Mieterhöhungsverlangen ausreichend beschrieben. Den Beklagten war eine Einordnung der Wohnung deshalb ohne weiteres möglich. Unschädlich ist daher, dass die Klägerin die Zusammensetzung der in ihrem Schreiben vom 22.01.2016 berechneten auf 489,77 EUR korrigierte Mieterhöhung nicht näher erläutert hat. Für die formelle Wirksamkeit ist eine nähere Begründung nicht erforderlich, wenn eine Miete innerhalb des einschlägigen Mietspiegelfeldes verlangt wird. Eine dezidiertes Vorbringen zu den einzelnen wohnwerterhöhenden Merkmalen ist erst im Rechtsstreit erforderlich.

Eine Neuberechnung enthält in der Regel kein neues Verlangen, sondern soll eine bereits erklärte Mieterhöhung begründen oder korrigieren. Aus welchem Grund das Schreiben der Klägerin vom 11.02.2016 dahin auszulegen sein soll, dass es ein neues Verlangen enthält, haben die Beklagten nicht dargetan.

Unstreitig ist die Wohnung in das Mietspiegelfeld G3 des Berliner Mietspiegels einzuordnen. Dieses Feld weist einen Mittelwert von 5,09 EUR aus, einen unteren Wert von 4,52 EUR und einen oberen Wert von 6,07 EUR. Von den zur Spanneneinordnung heranzuziehenden Merkmalgruppen sind die Gruppe 1 neutral, die Gruppe 2 negativ und die Gruppen 3 bis 5 positiv zu bewerten.

Zu den einzelnen Merkmalgruppen und Sondermerkmalen gilt Folgendes:

Das Sondermerkmal „modernes Bad“ ist unstreitig gegeben und führt zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von 0,28 EUR/ m².

Die Merkmalgruppe 1 (Bad) wurde neutral bewertet. Die Klägerin hat zur konkreten Beschaffenheit der Bodenfliesen (welche Firma, welche genaue Qualität, welcher Preis) nicht vorgetragen, so dass nicht beurteilt werden kann, ob die Bodenfliesen hochwertig sind.

Die Merkmalgruppe 2 (Küche) ist wohnwertmindernd zu berücksichtigen. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung übergebenen Wohnungsübergabeprotokoll wurde die Küche ohne Spüle überlassen.

Die Gruppe 3 (Wohnung) ist wohnwerterhöhend zu werten. Unstreitig ist das wohnwerterhöhende Merkmal „überwiegend Isolierverglasung (Einbau ab 1987)“ gegeben und unstreitig ist der fehlende Balkon wohnwertmindernd zu werten. Hinsichtlich des Breitbandkabelanschlusses folgt das Gericht der Argumentation der Klägerin (vgl. Seite 3f. des Schriftsatzes vom 06.05.2016 (Bl. 50f. der Akte) und ist der Auffassung, dass wohnwerterhöhend nach dem Mietspiegel bereits ein Breitbandkabelanschluss ist, der ohne zusätzliche vertragliche Bindung an einen Dritten den Empfang von Fernsehprogrammen ermöglicht. Dass gar kein Breitbandkabelanschluss vorhanden ist, haben die Beklagten nicht behauptet. Auch haben sie nicht vorgetragen, das ihnen der Breitbandkabelanschluss ermöglicht. Ihr Bestreiten ist daher nicht hinreichend konkret.

Die Gruppe 4 (Gebäude) ist wegen der unstreitig vorhandenen modernen Heizungsanlage wohnwerterhöhend zu werten, so dass es auf den Streit der Parteien, ob die Fassade wärmegedämmt nach der EnEV ist, nicht ankommt.

Die Gruppe 5 (Wohnumfeld) ist aufgrund der sichtbegrenzten, gepflegten und nur den Mietern zugänglichen Müllstandsfläche ebenfalls wohnwerterhöhend zu werten.

 

Die ortsübliche Vergleichsmiete wäre dann wie folgt zu berechnen:

Mittelwert Mietspiegelfeld G3 5,09 EUR

Sondermerkmal modernes Bad +0,28 EUR

+ 40 % der oberen Spanne (Differenz zwischen Mittel- und Oberwert: (6,07 EUR – 5,09 EUR = 0.98 EUR x 40 % +0,39 EUR

ortsübliche Miete je m² Wohnfläche 5,76 EUR

Unter Berücksichtigung der Wohnfläche von 80,69 m² beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete 464,77 EUR nettokalt pro Monat.

Der Mietzins ist seit mehr als fünfzehn Monaten unverändert (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB in Verbindung mit der Kappungsgrenzen-Verordnung vom 07.05.2013 ist eingehalten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Ziffer 11 und 711 ZPO.

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