Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Effektives Schadensmanagement: Warum Handwerksvergleiche für Eigentümer entscheidend sind
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Mindestanzahl an Angeboten muss die Verwaltung bei Sanierungsmaßnahmen einholen?
- Wer ist für die Einberufung einer Eigentümerversammlung bei dringenden Sanierungsmaßnahmen zuständig?
- Welche Beschlussfähigkeit ist bei Abstimmungen über Sanierungsmaßnahmen erforderlich?
- Welche Rolle spielt die Instandhaltungsrücklage bei der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen?
- Ab welchem Zeitpunkt können Sanierungsmaßnahmen ohne Eigentümerbeschluss durchgeführt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Friedberg
- Datum: 28.06.2024
- Aktenzeichen: 2 C 536/23
- Verfahrensart: Beschlussersetzungsklage nach Wohnungseigentumsgesetz
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung im Obergeschoss eines Reihenhauses in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie argumentieren, dass die Beklagte verpflichtet ist, Maßnahmen zu ergreifen, um die Abdichtung ihres Balkons zu reparieren und dadurch Feuchtigkeit und Schimmelbildung zu verhindern, die in ihre Räume eindringt.
- Beklagte: Die beklagte Partei ist die Wohnungseigentümergemeinschaft der Reihenhäuser. Sie argumentiert, dass der Balkon im Sondereigentum der Kläger liegt und diese deshalb allein für dessen Instandhaltung verantwortlich sind. Sie lehnen den Vorwurf ab, dass die Feuchtigkeit von der Gemeinschaftseigentumsterrasse herrühre und heben hervor, dass die von den Klägern vorgeschlagenen Beschlüsse bereits bestandskräftig abgelehnt wurden.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Kläger stellten Feuchtigkeit und Schimmelbildung in ihren Wohnräumen fest und sahen die Ursache in einer mangelhaften Balkonabdichtung. Ihr Antrag, die Wohnungseigentümergemeinschaft möge die Sanierung veranlassen, wurde auf der Eigentümerversammlung abgelehnt.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet ist, die Abdichtung des Balkons zu sanieren, da diese defekt sei und dadurch Feuchtigkeit in das Sondereigentum der Kläger eindringe.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied teilweise zugunsten der Kläger und verpflichtete die Wohnungseigentümergemeinschaft, drei Angebote zur Schadensbeseitigung einzuholen und eine Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung einzuberufen. Weitere Anträge der Kläger wurden abgelehnt.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Feuchtigkeitsschäden durch die mangelhafte Abdichtung der Dachterrasse verursacht wurden und die Eigentümergemeinschaft verpflichtet ist, Maßnahmen zur Schadensbehebung zu ergreifen, da die Dachterrasse zwingend Gemeinschaftseigentum ist.
- Folgen: Die Entscheidung verpflichtet die Eigentümergemeinschaft, sich mit der Sanierungsmaßnahme in einer Versammlung zu befassen, erlegt jedoch keine weiteren Maßnahmen wie eine bestimmte Finanzierung oder das Verfahren der Auftragsvergabe auf. Die Kosten des Rechtsstreits wurden gegeneinander aufgehoben. Der Kläger musste sich damit zufriedengeben, dass nur teilweise in seinem Sinne entschieden wurde. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert beträgt 13.000 Euro.
Effektives Schadensmanagement: Warum Handwerksvergleiche für Eigentümer entscheidend sind
Die Beseitigung von Schäden an Wohnungseigentum stellt Eigentümergemeinschaften regelmäßig vor komplexe Herausforderungen. Effizientes Schadensmanagement beginnt dabei bereits im Vorfeld mit einer sorgfältigen Vorbereitung und professioneller Herangehensweise. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Einholung transparenter und vergleichbarer Angebote von Handwerksbetrieben.
Die Praxis zeigt, dass ein systematischer Handwerksvergleich nicht nur rechtliche Aspekte berücksichtigt, sondern auch wirtschaftliche Interessen der Gemeinschaft schützt. Dabei gilt es, Kostenvoranschläge zu prüfen, Reparaturdienstleister zu evaluieren und letztlich eine fundierte Entscheidung zur Schadensbeseitigung zu treffen. Die Einholung von mindestens drei unabhängigen Angeboten hat sich dabei als bewährte Strategie etabliert.
Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall beleuchtet, der die Bedeutung dieser Vorgehensweise unterstreicht und wichtige Rechtsprinzipien im Zusammenhang mit Schadensregulierungen verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Sanierung einer undichten Dachterrasse: Eigentümergemeinschaft muss tätig werden
Das Amtsgericht Friedberg hat in einem aktuellen Urteil festgestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet ist, Maßnahmen zur Sanierung einer schadhaften Dachterrasse einzuleiten. Die Eigentümer einer Dachgeschosswohnung hatten im Jahr 2023 Feuchtigkeit und Schimmelbildung an der Innenseite ihrer Außenwand im Bereich der Balkontür festgestellt.
Gutachten bestätigt mangelhafte Abdichtung als Schadensursache
Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger stellte in seinem Gutachten erhebliche bauliche Mängel fest. Die gesamte Dämmung unter der Abdichtung war durchnässt. Als problematische Bereiche identifizierte der Gutachter die Wandanschlüsse der Abdichtung, den Anschluss am Bodenablauf sowie besonders den fehlenden Anschluss an der Außentür. Die Fliesen lagen größtenteils hohl, und die Kunststoffschicht hatte sich von den Fliesen gelöst. Eine normgerechte Abdichtung war zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Gerichtliche Anordnung zur Schadensbehebung
Das Gericht gab der Klage der Wohnungseigentümer teilweise statt und ordnete konkrete Schritte zur Behebung der Schäden an. Die Verwaltung wurde angewiesen, drei Angebote von Fachfirmen für folgende Maßnahmen einzuholen: Abtragen des Bodenaufbaus, Überprüfung und gegebenenfalls Erneuerung der Dampfsperrschicht, Erneuerung des gesamten Aufbaus einschließlich Wärmedämmung unter Beachtung der Fachregeln und relevanten DIN-Normen sowie Ersetzung der 30 Jahre alten Außentür.
Rechtlicher Rahmen der Sanierungspflicht
Nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG haben Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Da der Bodenaufbau der Dachterrasse zum zwingenden Gemeinschaftseigentum gehört, muss die Eigentümergemeinschaft die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen durchführen. Nach Einholung der Angebote muss die Verwaltung eine Eigentümerversammlung einberufen, auf der über die Auftragsvergabe und Finanzierung der Maßnahmen beschlossen wird.
Grenzen der gerichtlichen Einflussnahme
Das Gericht beschränkte seine Anordnungen auf das notwendige Minimum, um die Privatautonomie der Wohnungseigentümer zu wahren. Die konkreten Entscheidungen über das Abstimmungsverfahren und die Finanzierung bleiben den Eigentümern überlassen. Die Kostenverteilung und die Wahl zwischen Sonderumlage oder Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage müssen die Eigentümer selbst regeln. Der Streitwert wurde auf 13.000 Euro festgesetzt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Eigentümern bei dringenden Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum. Es verpflichtet die Verwaltung, bei festgestellten baulichen Mängeln aktiv zu werden und konkrete Sanierungsangebote einzuholen. Das Gericht macht deutlich, dass die Verwaltung bei nachgewiesenen Schäden nicht untätig bleiben darf, sondern einen konkreten Fahrplan zur Behebung der Mängel entwickeln muss. Die Ablehnung von Sanierungsanträgen durch die Eigentümergemeinschaft kann gerichtlich überprüft und korrigiert werden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer können Sie bei Feuchtigkeitsschäden oder anderen baulichen Mängeln am Gemeinschaftseigentum die Verwaltung zur Einholung konkreter Sanierungsangebote verpflichten. Lehnt die Eigentümerversammlung notwendige Sanierungsmaßnahmen ab, haben Sie die Möglichkeit, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Verwaltung muss dann drei Angebote von Fachfirmen einholen und eine Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung einberufen. Bei der Kostenverteilung werden nur die direkt zuordenbaren Kosten als Sonderkosten dem jeweiligen Eigentümer zugerechnet.
Ihre Rechte als Wohnungseigentümer
Das Urteil zeigt: Sie müssen Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht einfach hinnehmen. Zögern Sie nicht, Ihre Rechte durchzusetzen, wenn notwendige Sanierungsmaßnahmen blockiert werden. Gerade bei Feuchtigkeitsschäden ist schnelles Handeln entscheidend, um Folgeschäden zu vermeiden. Wir unterstützen Sie dabei, die richtigen Schritte einzuleiten und Ihre Interessen zu wahren.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Mindestanzahl an Angeboten muss die Verwaltung bei Sanierungsmaßnahmen einholen?
Bei größeren Sanierungsmaßnahmen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft sollten grundsätzlich mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt werden.
Ausnahmen von der Drei-Angebote-Regel
Von diesem Grundsatz kann in bestimmten Situationen abgewichen werden:
- Bei kleineren Auftragsvolumina ist ein Verzicht auf Alternativangebote möglich
- Bei sehr dringenden Maßnahmen, die keinen Aufschub dulden
- Bei der Beauftragung von Sachverständigen zur Bedarfsermittlung
- In Zeiten hoher Handwerkerauslastung, wenn nachweislich keine weiteren Angebote erhältlich sind
Qualitative Anforderungen
Die eingeholten Angebote müssen folgende Kriterien erfüllen:
Die Angebote müssen den Eigentümern rechtzeitig vor der Beschlussfassung zugänglich gemacht werden. Dies ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung in der Eigentümerversammlung. Stärken und Schwächen der verschiedenen Leistungsangebote müssen klar erkennbar sein.
Dokumentation und Transparenz
Wenn Sie als Verwaltung weniger als drei Angebote einholen, sollten Sie die Gründe dafür sorgfältig dokumentieren. Dies ist besonders wichtig bei einer angespannten Marktsituation, in der weitere Angebote trotz Bemühungen nicht eingeholt werden können.
Die Wohnungseigentümer haben im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums die Möglichkeit, die konkrete Anzahl der Angebote selbst festzulegen. Entscheidend ist dabei nicht die reine Quantität, sondern die Qualität und Vergleichbarkeit der vorliegenden Angebote.
Wer ist für die Einberufung einer Eigentümerversammlung bei dringenden Sanierungsmaßnahmen zuständig?
Primäre Zuständigkeit
Der Verwalter ist grundsätzlich für die Einberufung einer Eigentümerversammlung bei dringenden Sanierungsmaßnahmen verantwortlich. Bei dringenden Instandhaltungsmaßnahmen kann der Verwalter sogar ohne vorherigen Beschluss der Eigentümer tätig werden.
Alternative Einberufungsmöglichkeiten
Wenn Sie als Eigentümer dringende Sanierungsmaßnahmen feststellen, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Ein Viertel der Wohnungseigentümer kann die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen.
- Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Vertreter kann die Versammlung einberufen, wenn ein Verwalter fehlt oder sich weigert.
Fristen und Formalitäten
Bei dringenden Sanierungsmaßnahmen gilt: Die reguläre Einladungsfrist von drei Wochen kann in besonders dringlichen Fällen verkürzt werden. Der Grund für die Dringlichkeit muss in der Einladung klar dokumentiert sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn durch das Abwarten der regulären Frist weitere Schäden am Gemeinschaftseigentum drohen.
Beschlussfassung
Nach der WEG-Reform 2020 ist die Versammlung unabhängig von der Anzahl der anwesenden Eigentümer beschlussfähig. Sanierungsbeschlüsse können mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen werden. Der Verwalter muss bei der Vorbereitung der Beschlussfassung verschiedene Handlungsoptionen aufzeigen und die Eigentümer über rechtliche und tatsächliche Folgen aufklären.
Welche Beschlussfähigkeit ist bei Abstimmungen über Sanierungsmaßnahmen erforderlich?
Seit der WEG-Reform im Dezember 2020 ist jede Eigentümerversammlung grundsätzlich beschlussfähig, unabhängig von der Anzahl der anwesenden oder vertretenen Miteigentümer. Dies bedeutet für Sie als Eigentümer eine deutliche Vereinfachung des Abstimmungsprozesses bei Sanierungsmaßnahmen.
Mehrheitserfordernisse für verschiedene Maßnahmen
Bei Sanierungsmaßnahmen unterscheidet das Gesetz verschiedene Beschlusserfordernisse:
Einfache Mehrheit reicht aus für:
- Normale Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen
- Modernisierende Instandsetzung
- Bauliche Veränderungen nach § 20 WEG
Qualifizierte Mehrheit ist erforderlich bei:
- Modernisierungsmaßnahmen, die über die reine Instandhaltung hinausgehen, benötigen drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile
Kostenverteilung und Zustimmung
Ein wichtiger Aspekt bei der Beschlussfassung ist die Kostenverteilung. Wenn Sie einer baulichen Veränderung nicht zustimmen, müssen Sie sich in der Regel auch nicht an den Kosten beteiligen. Zwei wichtige Ausnahmen bestehen jedoch:
- Die Maßnahme amortisiert sich innerhalb von zehn Jahren
- Eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen und die Hälfte aller Miteigentumsanteile stimmen der Maßnahme zu
Formelle Anforderungen
Für eine rechtsgültige Beschlussfassung müssen Sie folgende Punkte beachten:
Die Einberufungsfrist für die Eigentümerversammlung beträgt drei Wochen. Die geplante Abstimmung über Sanierungsmaßnahmen muss bereits in der Einladung auf der Tagesordnung stehen. Eine virtuelle Teilnahme an der Versammlung ist möglich, wenn die Eigentümergemeinschaft dies zulässt.
Für die Beschlussfassung benötigen Sie eine ausreichende Entscheidungsgrundlage mit aktuellen Kostenangeboten oder realistischen Kostenschätzungen von Fachleuten. Eine detaillierte Ausschreibung ist dabei nicht zwingend erforderlich, solange die grundlegenden Informationen über Umfang und Kosten der Sanierung vorliegen.
Welche Rolle spielt die Instandhaltungsrücklage bei der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen?
Die Instandhaltungsrücklage ist das zentrale Finanzierungsinstrument für Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Sie dient als finanzielles Polster, um größere Bau- und Sanierungsmaßnahmen ohne plötzliche finanzielle Belastungen durchführen zu können.
Gesetzliche Grundlage und Zweckbindung
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) schreibt die Bildung einer angemessenen Erhaltungsrücklage als Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung vor. Die Rücklage darf ausschließlich für Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum verwendet werden, wie etwa:
- Modernisierung und Dämmung der Fassade
- Dachreparaturen
- Erneuerung der Heizungsanlage
- Austausch von Fenstern
- Reparaturen im Keller oder Treppenhaus
Finanzierungsoptionen bei Sanierungen
Wenn Sie als Eigentümer mit Sanierungsmaßnahmen konfrontiert werden, stehen der WEG verschiedene Finanzierungswege zur Verfügung:
- Vollständige Finanzierung aus der Erhaltungsrücklage
- Mischfinanzierung aus Rücklage und Sonderumlage
- Ausschließliche Finanzierung durch Sonderumlage
Bedeutung für die Kostenverteilung
Die Instandhaltungsrücklage ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung der Kosten über einen längeren Zeitraum. Statt einer hohen Einmalzahlung zahlen Sie als Eigentümer regelmäßige, kleinere Beträge in die Rücklage ein. Dies verhindert finanzielle Engpässe und reduziert das Risiko von Zahlungsausfällen bei größeren Sanierungsmaßnahmen.
Die Höhe der monatlichen Einzahlungen wird von der Eigentümergemeinschaft festgelegt und orientiert sich an Faktoren wie Alter, Zustand und Ausstattung der Immobilie. Eine Faustregel für Neubauten empfiehlt jährliche Rücklagen von 0,8 bis 1 Prozent des Kaufpreises.
Ab welchem Zeitpunkt können Sanierungsmaßnahmen ohne Eigentümerbeschluss durchgeführt werden?
Sanierungsmaßnahmen ohne vorherigen Eigentümerbeschluss sind nur in zwei spezifischen Situationen zulässig:
Notfälle mit unmittelbarer Gefahr
Bei unmittelbar drohenden Schäden am Gemeinschaftseigentum können Eigentümer oder Verwalter sofort handeln. Typische Notfälle sind:
- Ausfall der Heizungsanlage
- Verdacht auf Gasleckage
- Wasserrohrbruch oder Verstopfung
- Brand- oder Explosionsgefahr
- Überschwemmung
Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung
Der Verwalter darf kleinere Reparaturen ohne Beschluss beauftragen, wenn diese:
- Von untergeordneter Bedeutung sind
- Keine erheblichen Kosten verursachen
- Zur gewöhnlichen Instandhaltung gehören
Die Bewertung, was als „untergeordnet“ gilt, hängt von der Größe der Wohnanlage ab. Je größer die Anlage, desto umfangreicher dürfen die Maßnahmen sein.
Rechtliche Grundlagen
Die Befugnis zu Notmaßnahmen basiert auf § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG. Der Verwalter darf dringende Erhaltungsmaßnahmen veranlassen, wenn das Abwarten eines Beschlusses zu Schäden führen würde.
Dokumentationspflicht
Wenn Sie als Eigentümer oder Verwalter eine Notmaßnahme veranlassen, sollten Sie:
- Den Schaden fotografisch dokumentieren
- Die Dringlichkeit schriftlich begründen
- Alle getroffenen Maßnahmen protokollieren
In allen anderen Fällen ist ein ordnungsgemäßer Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich. Dies gilt insbesondere für planbare Sanierungen und Modernisierungen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Ein gesetzlich geregelter Zusammenschluss aller Eigentümer einer Wohnanlage, der das gemeinschaftliche Eigentum gemeinsam verwaltet. Die WEG ist eine teilrechtsfähige Gemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG-Gesetz). Jeder Wohnungseigentümer ist automatisch Mitglied und hat Stimmrecht bei Eigentümerversammlungen. Die WEG trifft Entscheidungen über Instandhaltung, Modernisierung und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums.
Beispiel: Die WEG beschließt die Sanierung des gemeinsamen Daches oder die Modernisierung der Heizungsanlage.
Gemeinschaftseigentum
Alle Gebäudeteile und Anlagen einer Wohnanlage, die nicht im Sondereigentum stehen und für deren Bestand/Sicherheit des Gebäudes notwendig sind (§ 5 WEG). Dazu gehören tragende Wände, Dächer, Fassaden, Treppenhaus oder technische Anlagen. Die Instandhaltung erfolgt gemeinschaftlich durch die WEG. Die Kosten werden nach Miteigentumsanteilen verteilt.
Beispiel: Eine undichte Dachterrasse, die zur Gebäudesubstanz gehört, fällt unter Gemeinschaftseigentum und muss von allen Eigentümern finanziert werden.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Ein rechtlicher Anspruch jedes Wohnungseigentümers nach § 18 WEG auf eine sachgerechte und wirtschaftliche Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Dies umfasst die Instandhaltung, Instandsetzung und bauliche Veränderungen nach technischen Standards sowie die ordnungsgemäße finanzielle Verwaltung.
Die Verwaltung muss dabei im Interesse aller Eigentümer handeln und kann bei Pflichtverletzungen gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Eigentümerversammlung
Das wichtigste Beschlussorgan der WEG nach § 23 WEG, in dem die Eigentümer durch Mehrheitsbeschluss über alle Belange des Gemeinschaftseigentums entscheiden. Hier werden Beschlüsse über Instandhaltungsmaßnahmen, deren Finanzierung und die Jahresabrechnung gefasst. Die Versammlung muss mindestens einmal jährlich stattfinden.
Beispiel: Beschluss über die Vergabe von Sanierungsarbeiten an eine bestimmte Firma.
Instandhaltungsrücklage
Ein von der WEG angespartes Sondervermögen für künftige Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Die Höhe der monatlichen Zuführung wird von der Eigentümerversammlung beschlossen. Diese Rücklage dient der langfristigen Finanzplanung und Kostensicherheit bei größeren Reparaturen.
Beispiel: Finanzierung einer Dachterrassensanierung aus der angesparten Rücklage statt durch Sonderumlage.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG) § 21 – Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums: Das WEG regelt die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern innerhalb einer Eigentümergemeinschaft. § 21 verpflichtet die Gemeinschaft, das gemeinschaftliche Eigentum instand zu halten und notwendige Reparaturen durchzuführen. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Abdichtung der Balkone, die als gemeinschaftliches Eigentum betrachtet wird. Die Kläger argumentieren, dass die mangelnde Abdichtung zu Feuchtigkeit und Schimmel in ihrem Sondereigentum geführt hat, was eine Instandsetzungspflicht der Gemeinschaft begründet.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 535 – Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags: Obwohl es sich um Eigentümer handelt, sind die mietrechtlichen Bestimmungen oft analog anwendbar. § 535 verpflichtet den Vermieter, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Übertragen auf die Eigentümergemeinschaft bedeutet dies, dass die Gemeinschaft für die Instandhaltung der Gebäudehülle verantwortlich ist. Die Schimmelbildung aufgrund defekter Abdichtung verletzt diese Pflicht und begründet Anspruch auf notwendige Sanierungsmaßnahmen.
- DIN 18531 – Abdichtungen von Gebäuden: Diese technische Norm legt die Anforderungen an Abdichtungen von Gebäuden fest, um Feuchtigkeitsschäden zu verhindern. Im Urteil wird auf die Einhaltung der DIN 18531 verwiesen, was die fachgerechte Durchführung der Abdichtungsarbeiten sicherstellen soll. Die Einhaltung dieser Norm ist essenziell, um den entstandenen Schäden vorzubeugen und die Funktionsfähigkeit der Abdichtung zu gewährleisten, wie es die Kläger fordern.
- Gebäudeenergiegesetz (GEG) § 3 – Anforderungen an die Wärmedämmung: Das GEG setzt energetische Standards für Gebäude, einschließlich der Wärmedämmung und Abdichtungen. Im vorliegenden Fall ist die Erneuerung der Dampfsperrschicht und der Wärmedämmung gemäß den Fachregeln des GEG gefordert. Die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben ist notwendig, um die Energieeffizienz des Gebäudes zu erhalten und weitere Feuchtigkeitsschäden zu verhindern.
- Gesetz über die Beteiligung der Wohnungseigentümer an außergewöhnlichen Belastungen (WE-Beteiligungsgesetz): Dieses Gesetz regelt die Finanzierung von Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen innerhalb der Eigentümergemeinschaft. Die Aufforderung des Gerichts, Angebote einzuholen und eine Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung über die Finanzierung einzuberufen, steht im Einklang mit den Vorgaben dieses Gesetzes. Dadurch sollen die Kosten gerecht unter den Eigentümern verteilt und auf eine transparente Entscheidungsfindung geachtet werden.
Das vorliegende Urteil
AG Friedberg – Az.: 2 C 536/23 – Urteil vom 28.06.2024
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